Mit Zöllen und Beleidigungen
Wie Trump die Wahlen in Kanada entscheidet

Lange lagen die Konservativen vorne, doch nun könnte der Liberale Mark Carney als Sieger vom Platz gehen – auch dank Donald Trump. In Kanada haben die ersten Wahllokale zur Parlamentswahl geöffnet.
Publiziert: 28.04.2025 um 19:54 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2025 um 20:54 Uhr
«Kanada steht nicht zum Verkauf»: Die Angriffe von Donald Trump sind im kanadischen Wahlkampf ein zentrales Thema.
Foto: AFP

Darum gehts

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Daniel JungRedaktor News

In Kanada läuft die Unterhauswahl. Mehr als sieben Millionen Kanadier hatten ihre Stimme bereits vorab brieflich abgegeben – nach Angaben der Wahlbehörde so viele wie nie zuvor.

Nach fast zehn Jahren Regierung unter Justin Trudeau (53) hatte seine Liberale Partei in Umfragen stark an Zuspruch verloren. Anfang Jahr lag die Zustimmung nur noch bei 20 Prozent. Die Konservativen unter Pierre Poilievre (45) lagen damals mit bis zu 45 Prozent deutlich vorn und schienen auf einen Erdrutschsieg zuzusteuern. Doch dann kam alles ganz anders. 

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Kopf-an-Kopf-Rennen: Der liberale Premierminister Mark Carney (l.) wird vom konservativen Pierre Poilievre herausgefordert.
Foto: AFP

Bemerkenswerte Wende

Zuerst kündigte Trudeau am 6. Januar seinen Rücktritt als Parteichef und Premierminister an. Am 9. März wählten die Liberalen dann Mark Carney (60) zum neuen Parteichef. Carney begann seine Karriere bei der Investmentbank Goldman Sachs, war später Chef der kanadischen Zentralbank und der Bank of England. Am 14. März übernahm er das Amt des Premierministers und rief Neuwahlen aus.

Seit Carneys Amtsantritt haben die Liberalen einen bemerkenswerten Aufschwung erlebt. Umfragen vom April 2025 zeigen die Liberalen nun vorn – mit rund 43 Prozent gegenüber 39 Prozent bei den Konservativen.

«Team Kanada» gegen Trump

US-Präsident Donald Trump (78) hat den kanadischen Wahlkampf dominiert. Er verhängte Strafzölle von 25 Prozent auf kanadische Importe – obwohl sich die beiden Länder eigentlich auf Freihandel geeinigt haben. Trump begründete dies mit Vorwürfen des Drogenschmuggels und der illegalen Einwanderung. Zudem bezeichnete er Kanada als «51. Bundesstaat» der USA – ein Angriff auf die kanadische Souveränität. Damit löste er eine Welle des Patriotismus aus, welche die Liberalen geschickt nutzten. Carney profitiert von seiner klaren Anti-Trump-Rhetorik. 

Dennoch bleibt die Entscheidung spannend, da die Konservativen weiterhin starke Unterstützung in den westlichen Provinzen haben, wo Themen wie die Abschaffung der CO₂-Steuer und eine wirtschaftsliberale Politik Anklang finden. Poilievre gilt als bodenständiger Kandidat, leidet jedoch unter dem Vorwurf, Trump ideologisch nahezustehen. Seine Attacken gegen «woke» Ideologien und Fake News ähneln Trumps Stil.

Trauer in Vancouver

Die Wahl findet auch unter dem Eindruck eines tragischen Vorfalls in der Westküstenmetropole Vancouver statt: Beim Lapu-Lapu-Strassenfest der philippinischen Community fuhr am Wochenende ein Mann mit einem SUV in eine Menschenmenge und tötete mindestens elf Menschen. Ein verdächtiger Dreissigjähriger wurde festgenommen. Die Polizei geht derzeit nicht von einem Terrorakt aus. Da die Ermittlungen andauern, gilt es unwahrscheinlich, dass der Anschlag die nationale Wahl entscheidend verändert. 

Den Weg frei gemacht

Im Rückblick erscheint Trudeaus Rücktritt als strategisch kluger Schachzug. Trudeau stand unter enormem Druck, sowohl parteiintern als auch in der Öffentlichkeit. Die Rücktritte von Finanzministerin Chrystia Freeland (56) und anderen Regierungsmitgliedern, kombiniert mit miesen Umfragewerten, machten seine Position unhaltbar. 

Der Rückzug ermöglichte einen Neuanfang unter Carney, der als krisenerprobter Wirtschaftsexperte wahrgenommen wird. Beobachter sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen, mit Carney als Favoriten. Er hat somit gute Chancen, Premierminister zu bleiben.

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