Ohne gültige Papiere
Falscher Kapitän flog jahrelang Passagiere durch Europa

Ein Pilot soll jahrelang für die litauische Airline Avion Express als Kapitän geflogen sein – ohne die nötige Qualifikation. Auch Einsätze für Eurowings sind bekannt. Die Airline untersucht den Vorfall derzeit intern und prüft alle Unterlagen sorgfältig.
Publiziert: 16:56 Uhr
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Aktualisiert: vor 40 Minuten
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Ein Pilot ist jahrelang ohne die nötige Qualifikation als Kapitän durch Europa geflogen.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Falscher Pilot flog jahrelang ohne nötige Qualifikationen für litauische Airline
  • Ähnlicher Fall wie Frank Abagnale Jr., bekannt aus «Catch Me If You Can»
  • Zholia Alemi arbeitete 20 Jahre als Psychiaterin ohne Medizinstudium im NHS

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Daniel MacherRedaktor News

Die Geschichte erinnert ein bisschen an den Hochstapler Frank Abagnale Jr. (77), dessen spektakuläre Betrügereien durch den Film «Catch Me If You Can» mit Leonardo DiCaprio (51) weltberühmt wurden. Ähnlich dreist soll ein Mann jahrelang für die litauische Airline Avion Express Passagiere durch Europa geflogen haben – ohne die nötigen Qualifikationen.

Im Cockpit herrscht strenge Hierarchie, der Kapitän entscheidet, die Crew folgt. Um diesen Posten zu erreichen, braucht es harte Prüfungen und jahrelange Erfahrung. Doch der falsche Pilot soll all das geschickt umgangen haben. Seine Unterlagen soll er gefälscht haben, um den Job bei Avion Express zu bekommen. Laut «Aerotelegraph» flog er mindestens im vergangenen Sommer als Kapitän, obwohl er zuvor nur als Erster Offizier bei Garuda Indonesia tätig war.

Auch Eurowings darunter

Die Airline bestätigt den Vorfall: «Wir haben interne Untersuchungen eingeleitet, nachdem uns nicht verifizierte Informationen über die Berufserfahrung des Piloten vorlagen», erklärt eine Sprecherin. Avion Express betont, Sicherheit und Compliance hätten höchste Priorität. Details zu den Einsätzen des falschen Kapitäns bleiben jedoch unklar.

Besonders heikel: Der Mann soll auch für westeuropäische Airlines, darunter Eurowings, geflogen sein. Eurowings untersucht den Fall gemeinsam mit Sicherheitsexperten.

Doch der Fall ist nicht der einzige, bei dem Menschen Berufe ausgeübt haben, für die ihnen die Qualifikation fehlte – zum Teil mit fatalen Folgen:

Zholia Alemi – Die Psychiaterin ohne Abschluss (UK)

Zholia Alemi (62) arbeitete mehr als 20 Jahre lang als Psychiaterin im britischen NHS, obwohl sie nie Medizin studiert hatte. In den 1990er Jahren fälschte sie ein neuseeländisches Hochschulzeugnis und ein Bestätigungsschreiben – trotz offensichtlicher Fehler wurden die Dokumente von den Behörden akzeptiert. Alemi behandelte Hunderte Patienten und erhielt über 1,3 Millionen Pfund (circa 1,3 Millionen Franken) Gehalt. 2018 wurde sie erstmals wegen Betrugs verurteilt, 2023 schliesslich zu sieben Jahren Haft und zur Rückzahlung von mehr als 400'000 Pfund (circa 420'000 Franken).

Narendra Yadav – Der falsche Herzspezialist (Indien)

Narendra Vikramaditya Yadav (53), alias Dr. N John Camm, gab sich als renommierter Kardiologe aus und behandelte Patienten in Indien, den USA, Deutschland und Spanien. Er soll mindestens sieben Menschenleben auf dem Gewissen haben, nachdem er Operationen durchgeführt hatte. Yadav fälschte medizinische Abschlüsse, nutzte den Namen eines echten britischen Herzspezialisten, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen, und verschickte kurz vor seiner Festnahme teure Unterlassungsklagen. Behörden fanden heraus, dass er sich in mindestens drei Bundesstaaten Indiens bereits anderen Ermittlungen stellen musste.

Daniel Mthimkhulu – Der Ingenieur ohne Ausbildung (Südafrika)

Daniel Mthimkhulu stieg bei der staatlichen südafrikanischen Bahnagentur Prasa dank gefälschter Maschinenbauabschlüsse und eines angeblichen Doktortitels zum Chefingenieur auf. Er leitete teure Projekte, darunter ein 600-Millionen-Rand-Deal (circa 28 Millionen Franken) für neue Züge, die am Ende nicht eingesetzt werden konnten, und manipulierte Gehaltserhöhungen mit gefälschten Dokumenten. Für seine fünfjährige Tätigkeit als Leiter der Ingenieurabteilung erhielt er ein Jahresgehalt von rund 2,8 Millionen Rand (circa 130'000 Franken). 2024 verurteilte ein Gericht den damals 49-Jährigen zu 15 Jahren Haft.

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