Der Fall sorgt in Italien für pures Entsetzen: Satnam S.* (31) arbeitete im kleinen Dorf Borgo Santa Maria an der Ostküste Italiens als Erntehelfer in einem landwirtschaftlichen Betrieb, als es zu einem schlimmen Unfall kam. So geriet der Inder Anfang Woche auf einem Feld in eine von einem Traktor gezogene Rollenfolienmaschine, wobei seine Beine zerquetscht wurden und einer seiner Arme abgetrennt wurde.
Seine Frau war zum Zeitpunkt des Vorfalls ebenfalls vor Ort. Wie «La Repubblica» berichtet, habe sie den Chef des Betriebs, Antonello L.* (37), angefleht, zu helfen: «Ich habe den Besitzer angefleht, uns zu helfen, ich habe ihn auf Knien angefleht.» Der Italiener habe jedoch keine Hilfe gerufen – stattdessen soll er den Arm in eine Obstkiste gepackt haben und den Verletzten, seine Frau und die Kiste vor seinem Haus abgeladen haben.
Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein
«Er hat uns vor dem Haus abgesetzt und ist weggelaufen», erklärte die Witwe später der Polizei. Erst als Nachbarn rund eineinhalb Stunden später den Ernst der Situation erkannten, wurde ein Krankenwagen gerufen. Der Verletzte wurde daraufhin in einem Rettungshelikopter in ein Spital nach Rom geflogen. Für S. kam die Hilfe jedoch zu spät – keine zwei Tage darauf erlag er im Spital seinen Verletzungen.
Die Staatsanwaltschaft leitete nun wegen fahrlässiger Tötung, unterlassener Hilfeleistung und Verstössen gegen Sicherheitsbestimmungen ein Verfahren gegen L. ein. Der 37-Jährige sagt, er sei in Panik geraten und habe deshalb nicht geholfen. Ausserdem habe er S. nicht erlaubt, die Rollenfolienmaschine zu benutzen – so soll er gesagt haben, es sei «eine Nachlässigkeit, die jeden teuer zu stehen kommen kann» gewesen, wie «L'Unione Sarda» berichtet.
Arbeitsministerin spricht von «Akt der Barbarei»
S. verfügte über keine offizielle Arbeitserlaubnis – er kam erst 2021 nach Italien. Er soll ohne Arbeitsvertrag und für gerade einmal vier Euro die Stunde gearbeitet haben. Sein Tod ruft viele Gewerkschaften auf den Plan, die sich für verbesserte Arbeitsqualität und gegen systematische Ausbeutung einsetzen. Denn speziell in der landwirtschaftlichen Branche Italiens arbeiten viele Menschen für einen Hungerlohn und werden ausgebeutet. Schätzungen zufolge soll sich die Zahl auf etwa 230'000 illegaler Beschäftigter belaufen. Ein Grossteil davon sind Migranten.
Auch die italienische Ministerin für Arbeit, Marina Calderone (58), äusserte sich zum Vorfall. Sie sprach von einem «Akt der Barbarei, der in allen Ämtern verfolgt werden muss.»
* Name bekannt