Darum gehts
US-Präsident Donald Trump (79) reitet gerade auf einer Erfolgswelle. Nach dem militärischen Schlag gegen die iranischen Atomanlagen kann er sich nun auch innenpolitisch feiern lassen. Sein Steuer- und Haushaltsgesetz – er nennt es «The One, Big, Beautiful Bill» – soll noch vor dem Nationalfeiertag am 4. Juli unter Dach und Fach sein.
Das Gesetz birgt grosses Gefahrenpotenzial, weil es die Spaltung der Gesellschaft weiter vorantreiben wird. Denn abgesehen von der militärischen Aufrüstung ist Trumps «Big Beautiful Bill» vor allem eines: eine Gefälligkeit an seine reichen Freunde und sich selber.
Der 940 Seiten dicke Gesetzesentwurf pendelt zurzeit wegen Anpassungen zwischen Senat und Repräsentantenhaus hin und her. Am Montag war der Senat mit Abänderungsanträgen an der Reihe, schon am Mittwoch könnte das Repräsentantenhaus die Vorlage definitiv verabschieden. Denn die Demokraten dürften keine Chance haben, das Gesetz zu verhindern – selbst wenn sie von einzelnen republikanischen Stimmen unterstützt würden.
Reiche kassieren, Arme bluten
Trumps «One, Big, Beautiful Bill» – sein «einzigartiges, grosses, schönes Gesetz» – bevorzugt vor allem die Reichen, während die Armen darunter leiden dürften.
So profitieren die Reichen:
-
Kleinere Einkommenssteuer, Vorteile für Kapitalerträge und Dividenden: Die reduzierten Steuersätze aus Trumps erster Amtszeit bleiben dauerhaft bestehen. Spitzenverdiener sparen Milliarden.
-
Der steuerfreie Erbschaftsanteil wird stark erhöht, was wohlhabende Familien freut.
-
Für Unternehmen gibt es verlängerte Bonusabschreibungen. Zudem können die Forschungsausgaben vollständig abgesetzt werden.
-
Der Verteidigungshaushalt wird um 150 Milliarden auf rund 1 Billion Dollar erhöht – unter anderem für die Entwicklung von Drohnen, Satelliten und das neue Raketenabwehrsystem Golden Dome. 70 Milliarden mehr verschlingt die Grenzsicherung. Philipp Adorf, USA-Experte an der Universität Bonn, sagt gegenüber Blick: «Dies ist ideologisch zentral für Trumps Basis und profitabel für verbündete Unternehmen.»
Hier wird gespart:
-
Besonders betroffen sind die Armen. Sozialleistungen wie die Krankenfürsorge Medicaid und Lebensmittelhilfen werden an Arbeitsverpflichtungen geknüpft. Bis zu 11 Millionen Personen könnten die Krankenunterstützung verlieren, rund 3 Millionen sind von Kürzungen bei den Lebensmittelhilfen betroffen. Migranten müssen neue Gebühren und Steuern für Geldtransfers entrichten.
-
Die grüne Agenda von Trump-Vorgänger Joe Biden (82) wird abgeschafft. Wer ein Elektrofahrzeug kauft, bekommt keine Gutschriften mehr. Förderungsbeiträge für saubere Stromproduktion werden gestrichen oder massiv gekürzt. Wind- und Solarprojekte sollen in Zukunft besteuert werden, wenn sie chinesische Komponenten verwenden. Das heisst auf der anderen Seite: Die fossilen Energie- und Industriebranchen – viele davon in der Hand von Trumps Freunden – bekommen wieder Auftrieb.
Klafft bald ein riesiges Loch in der Kasse?
Über die finanziellen Auswirkungen gibt es gegenteilige Einschätzungen. Berechnungen der parlamentarischen Behörde haben ergeben, dass das Gesetz das Haushaltsdefizit in den nächsten zehn Jahren um rund 3 Billionen Dollar vergrössert. Das Weisse Haus hingegen rechnet mit einer Reduktion des jährlichen Defizits um 1,4 Billionen Dollar. Die Staatsverschuldung liegt zurzeit bei 36 Billionen Dollar.
Das neue Gesetz ist der Hauptgrund, warum Elon Musk (54) mit Trump gebrochen hat. Der mit 410 Milliarden Dollar reichste Mann der Welt, der in der staatlichen Verwaltung drastische Sparmassnahmen aufgleisen musste, bezeichnet das Gesetz als «widerliche Abscheulichkeit» sowie als «völlig verrückt und zerstörerisch». In einem Post auf X schrieb er: «Der Entwurf des Senats wird Millionen von Jobs in Amerika vernichten und an unserem Land immensen Schaden anrichten.»
Das Gesetz trifft auch ihn selber. Es hat die Tesla-Aktie um 14 Prozent – ein Börsenwertverlust von 153 Milliarden Dollar – abstürzen lassen. Weil die finanziellen Anreize für den Kauf von Elektrofahrzeugen wegfallen, dürften die Kunden ausbleiben.
Trump noch fester im Sattel
Das Gesetz entspricht in grossen Teilen der traditionellen republikanischen Agenda: tiefe Steuern und weniger Staatstätigkeiten. Gesetzesgegner sehen darin eine klare Umverteilung von unten nach oben, was nicht nur die Gesellschaft weiter spaltet, sondern zu gewalttätigen politischen Spannungen führen kann.
Laut Philipp Adorf zementiert das Gesetz nicht nur die soziale Ungleichheit in den USA. Adorf: «Durch massive Investitionen in die Sicherheitsbehörden und ideologisch loyale Strukturen stärkt es auch Trumps Machtposition.»