Ein sogenannter Reichsbürger (49) aus Bayern hat in den letzten Tagen Schlagzeilen gemacht: Der Mann hat bei einer Razzia in seinem Haus das Feuer auf vier Polizisten eröffnet und einen von ihnen tödlich verletzt.
Doch wieso schoss der Mann ohne Vorwarnung auf die Beamten? Das Verhalten könnte seiner Ideologie entsprungen sein: Reichsbürger verneinen die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland. Geschichtliche Fakten, Grundgesetz und Behörden bedeuten deshalb wenig für sie – viele zahlen konsequent keine Steuern.
Die Reichsbürger sind eine undurchsichtige, zersplitterte Bewegung. Man geht lediglich von ein paar hundert Anhängern aus. Ihre Ideologie wird oft von rechtsextremen, antisemitischen und esoterischen Weltbildern begleitet und kann als Verschwörungstheorie bezeichnet werden.
Der König von Deutschland
Eine bekanntere Persönlichkeit aus der Ecke der Reichsbürger ist Peter Fitzek (51) aus Wittenberg. Im Jahr 2012 gründet er das Königreich Deutschland und ernennt sich selbst zum König des unabhängigen Neu-Staates. In einer andächtigen Zeremonie wird dem neuen Oberhaupt vor dutzenden Zuschauern der Reichsapfel und das Zepter übergeben – zu guter Letzt setzt er sich noch eine Krone auf.
Der Scheinmonarch gedenkt von nun an über sein neues Fantasiereich zu herrschen – und dieses nimmt sogar zunehmend realistische Gestalt an. Fitzek, oder «Peter der Erste», mietet sich in einem alten Krankhausgelände und weiteren Liegenschaften ein. Ein kleiner Kern engster Vertrauter folgt dabei jedem seiner Rufe.
Schon in den Jahren zuvor hat sie der charismatische Anführer um sich geschart: Als der geübte Kampfsportler im Jahr 2010 wegen Körperverletzung vor Gericht stand, versuchten seine treuen Untertanen den Richter «festzunehmen», da dieser nicht das Recht habe, ihr souveränes Staatsoberhaupt zu verurteilen, heisst es in der «Süddeutsche Zeitung».
Vor Gericht zu gehen ist sein Hobby
Seither war seine Majestät ziemlich fleissig: Neben einer königlichen Reichsbank hat er eine Krankenkasse, Sozialversicherungen und verschiedene Gerichte geschaffen – alles ohne Genehmigung, da er diese als eigenständiger Staat ja auch nicht braucht.
Fitzek kreiert als Souverän zudem diverse Scheindokumente und Fantasiewertpapiere: Neben der Währung der «Engel», gibt es königliche Autokennzeichen und einen majestätischen Führerausweis.
Der König von Deutschland verstösst dementsprechend oft gegen das Gesetz: «Es hat sich so eingependelt, dass er 15 bis 16 Verfahren pro Jahr hat, bei denen wir ihn erwischen. Die Dunkelziffer wird natürlich um einiges höher sein», sagt der Leiter des Polizeireviers Wittenberg, Marcus Benedix, gegenüber dem TV-Sender MDR. Fitzek sass schon mehrere Male hinter Gitter – und vor Gericht zu gehen, ist quasi sein Hobby.
Dieses Mal ist es ernst
Doch dieses Mal ist ernst: Gestern hat eine neue Verhandlung gegen den König begonnen. Er soll seinen Anhängern 1,3 Millionen Euro für eigene Zwecke abgeknöpft und zum Verschwinden gebracht haben. Die Summe soll durch Einzahlungen von ganzen 574 «Reichsbankkunden» zusammengekommen sein. Bei einer Verurteilung droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe. Unter Tränen wies er jedoch alle Vorwürfe von sich. (vac)