Auf dem Landgut Constantinsborg, westlich von Aarhus, weht die dänische Flagge auf halbmast. Im Herrenhaus aus dem 14. Jahrhundert wohnt der reichste Mann Dänemarks, Anders Holch Povlsen (46), der bei den Terroranschlägen in Sri Lanka drei seiner vier zwischen 5 und 15 Jahre alten Kinder verlor.
Povlsen, dessen Vermögen auf mindestens 6,5 Milliarden Dollar geschätzt wird, war immer in grosser Sorge um seine Familie. Er zeigte sich in der Öffentlichkeit selten mit seinen Kindern. Zu gross war seine Angst, dass ein Familienmitglied entführt werden könnte.
Erpressung und Entführung
Diese Angst ist nicht unbegründet. Schon 1998 wurden er und seine Eltern monatelang um umgerechnet 2 Millionen Franken erpresst. Der Polizei gelang es, einen Mann zu verhaften, als er mit Handschellen, einer Gaspistole und brennbarer Flüssigkeit unterwegs zu Povlsens Anwesen war. Beim Täter zu Hause fand man Perücken, Taucheranzüge, ein Buch über Vergiftung sowie ein Verlies, das Platz für eine Person bot.
Vor einigen Jahren wurde in Indien ein junger Däne entführt, offenbar weil ihn die Kidnapper für Anders Holch Povlsen hielten. Erst nach fünf Tagen wurde der Mann freigelassen.
Trotz Sorge um die Sicherheit schickten Povlsen und seine Frau Anne (40) ihre Kinder nicht auf eine Privatschule, sondern an die öffentlichen Grundschule in Stavtrup.
Höchstes Wohngebäude vor Baubeginn
Anders Holch Povlsen ist Inhaber der Modefirma Bestseller, zu der unter anderem Jack & Jones und Vero Moda gehören. Er ist auch zu zehn Prozent an Zalando sowie an den Versandhäusern nemlig.com, Normal, Asos und dem Möbelhaus Hay beteiligt. Das Imperium hatte er als 28-Jähriger von seinen Eltern geerbt.
Seinem Heimatort Brande, einem 7000-Seelendorf in Jütland, versprach der Milliardär ein besonderes Geschenk: Er plant einen 320 Meter hohen Büro- und Wohnturm von der Stararchitektin Dorte Mandrup (57). Ende Februar wurde die Baubewilligung erteilt, noch dieses Jahr soll der Grundstein für das höchste Wohngebäude Westeuropas gelegt werden.
Kinder sollten sein Projekt weiterführen
Povlsens grosse Liebe gilt Schottland. Seit 2006 hat er zwölf Liegenschaften mit einer Gesamtfläche von 890 Quadratkilometern gekauft, was ihn zum grössten privaten Grundstückbesitzer des Landes machte. Seine Vision: Er will mit einem 200-Jahre-Plan die schottischen Highlands, die Wälder, Moore und Flüsse, wieder in den ursprünglichen Zustand versetzen und «den Schaden beheben, den die Menschen angerichtet haben».
Nur wenige Tage vor dem Drama in Sri Lanka hat er angekündigt, dass er das gigantische Renaturierungsprojekt mit dem Namen «Wildland» einst seinen Kindern anvertrauen werde. Auf seiner Website schrieb er: «Es ist ein Projekt, das nicht zu unserer Lebzeit realisiert werden kann, das aber Früchte trägt nicht nur für unsere Kinder, sondern für Generationen von Besuchern, die – wie wir – eine tiefe Liebe zu den schottischen Highlands empfinden.»
Die schottische Zeitung «The Herald» berichtete am 18. April über Povlsens Absichten. Drei Tage später waren drei seiner Kinder tot.