«Die Polizei schlägt Menschen ohne Grund»
1:08
Blick-Reporterin hatte Angst:«Die Polizei schlägt Menschen ohne Grund»

Blick-Reporterin berichtete über Gaza-Demo in Kairo – festgenommen und ausgeschafft!
«Ich hatte Angst vor Gewalt»

Vergangene Woche reisten 350 Schweizerinnen und Schweizer nach Kairo, um am «Global March to Gaza» teilzunehmen. Mit dabei: Die Blick-Reporterin Camille Bertholet. Doch die Situation eskalierte – die 28-Jährige wurde festgenommen und deportiert!
Publiziert: 15.06.2025 um 19:11 Uhr
|
Aktualisiert: 15.06.2025 um 19:42 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/6
Vergitterte Fenster: Blick-Reporterin Camille Bertholet (28) wurde in Kairo eingesperrt.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Blick-Reporterin in Ägypten bei Gaza-Demonstration festgenommen
  • Journalistin stundenlang ohne Wasser und Nahrung festgehalten
  • Nach über acht Stunden wurde die 28-Jährige mit dem Flugzeug ausgeschafft
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_881.JPG
Sandro ZulianReporter News

Was Blick-Reporterin Camille Bertholet (28) aus der Romandie zu erzählen hat, ist haarsträubend. Sie wurde in Ägypten festgenommen, in einem Bus festgehalten, danach am Flughafen in eine Zelle gesteckt und nach über acht Stunden per Flugzeug aus dem Land geworfen. Dehydriert. Hungrig. Verängstigt.

Alles begann am vergangenen Freitag. Etwa 350 Schweizerinnen und Schweizer schlossen sich in Kairo dem «Global March to Gaza» an, eine internationale Protestbewegung, organisiert von einem unabhängigen Bürgerkollektiv. Der Plan war: Von der ägyptischen Hauptstadt Kairo bis zum Rafah-Grenzübergang an der Grenze zu Gaza zu gelangen. Dort wollten die Demonstranten für ein Ende der Blockade und den Zugang für humanitäre Hilfe ins Gebiet demonstrieren.

Um darüber zu berichten, schickte Blick Romandie zwei Journalistinnen und einen Fotografen mit.

Von Arbeitskollegen getrennt

«In Kairo gab es einen friedlichen Sitzstreik», sagt Bertholet zu Blick. Die Demo wurde bereits dort im Keim erstickt. Die ägyptischen Behörden begannen, Leute festzusetzen.

Bertholet nahm ein Video auf und sagte: «Hier sind wir mitten unter den Leuten, die wegen des Sitzstreiks verhaftet wurden.» Sie beschrieb, wie Lastwagen und Panzerwagen ankamen. «Niemand weiss genau, was passieren wird», sagt Bertholet. Dass es nächstens sie selber treffen würde, ahnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Die Behörden pferchten die Demo-Teilnehmer inklusive Journalisten in einen Bus. «Plötzlich rief die Polizei meinen Namen aus. Ich wurde von meinen Kollegen getrennt und musste in einen anderen, kleineren Bus einsteigen.»

Acht Stunden lang festgehalten – in der Massenzelle

Dort nahm man ihr den Pass und das Mobiltelefon ab. Niemand sagte ihr, warum. Fragen zu stellen, traute sie sich nicht mehr. «Ich hatte zwar nicht Angst um mein Leben, aber Angst vor Gewalt.» Denn Bertholet beobachtete, wie verschiedene Demo-Teilnehmer beim Sitzstreik Schläge einstecken mussten, manche bluteten. «Einer bekam eine Flasche Wasser direkt an den Kopf geworfen, auf andere wurde eingeprügelt und eingetreten, wenn sie das Wort ergriffen.»

Die etwa 30 Menschen im Bus mussten ausharren, ohne Wasser, ohne Essen, ohne Zugang zu Medikamenten. «Dann fuhren wir los und hielten vor einer Polizeiwache. Dort bekam ich Angst.» Denn sie wusste nicht, ob sie nun hier drin gefangengehalten werden sollten. Der Bus setzte sich dann aber in Richtung Flughafen in Bewegung. «Das erleichterte mich schon fast. Ich wusste, dass ich wohl ausgeschafft werden würde.»

So sieht die Abschiebezelle aus
0:44
Am Flughafen Kairo:So sieht die Abschiebezelle aus

Am Flughafen steckte die Polizei Bertholet in eine Massenzelle mit 30 anderen Menschen. Die Fenster sind vergittert, an den Wänden haben sich eine Vielzahl von Menschen verewigt. Erst gab es auch dort kein Wasser, zu Essen nur altes Brot in Plastiksäcken.

«Noch nie derart Angst gehabt»

Nach über acht Stunden Gefangenschaft wurde Bertholet mit anderen gewaltsam in ein Flugzeug verfrachtet. Pass und Handy erhielt sie zurück. Es ging nach Athen. «Sie schoben mich dahin zurück, von wo ich eingereist war.» Am Flughafen in Griechenland wartete die Polizei auf die Deportierten. «Wir mussten ein paar Fragen beantworten. Aber als sie bemerkten, dass wir wegen der Gaza-Demonstration ausgeschafft worden waren, liessen sie uns sofort gehen.»

Die Erfahrung wird die Journalistin ein Leben lang begleiten. Die Ungesetzlichkeit davon auch: «Alles, was sie taten, war illegal. Pässe und Handys wegnehmen, Einsperren und Deportieren ohne Grund. Sie sagten stets, wir seien nicht offiziell festgenommen. Gehen durften wir aber nicht.»

Seit einigen Tagen ist Bertholet wieder in der Schweiz. Ihre Eltern holten sie am Flughafen ab – krank vor Sorge. «Meine Mutter sagte, sie habe noch nie in ihrem ganzen Leben derart Angst gehabt.»

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?