Auftrittsverbot und stundenlange Online-Games – wird der Diktator bald ausgeliefert?
Wie sich Assad bei Putin langweilt

Assad ist im Dezember 2024 in Syrien gestürzt worden und erhielt von Putin Asyl. Seither lebt der Diktator zwar in Luxus, aber offenbar auch in grosser Langeweile. Hinzu kommt die Ungewissheit, ob Putin ihn der neuen syrischen Regierung als Gegengeschäft ausliefert.
Publiziert: 18:28 Uhr
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Aktualisiert: vor 17 Minuten
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Nach seinem Sturz hat der ehemalige syrische Diktator Bashar al-Assad (60) bei Wladimir Putin (73) Asyl bekommen.
Foto: keystone-sda.ch

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Guido FelderAusland-Redaktor

Als der syrische Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa (43) Mitte Oktober Wladimir Putin (73) besuchte, ging es wohl nicht nur um die Fortführung der russischen Militärbasen in Syrien. Im Zentrum dürfte auch der ehemalige syrische Diktator Bashar al-Assad (60) gestanden haben, der nach seinem Sturz am 8. Dezember 2024 nach Moskau geflüchtet war.

In der russischen Hauptstadt lebt der ehemalige Herrscher zurückgezogen in seinen Luxuswohnungen. Seine Frau Asma (50) ist erneut schwer erkrankt. Damit Putin seine Militärbasen in Syrien behalten kann, muss er der neuen Regierung ein Gegengeschäft bieten. Wird es die Auslieferung der Assads sein?

Seit seiner Flucht nach Moskau hat man Assad nicht mehr gesehen. Mehrere Male machte die Nachricht die Runde, wonach er vergiftet worden sei. Das war offenbar ein Gerücht.

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Nach seinem Sturz im Dezember 2024 flüchtete der ehemalige Syrien-Machthaber Baschar al-Assad (60) nach Russland.
Foto: IMAGO/ABACAPRESS

Gemäss Recherchen der Zeitung «Die Zeit» lebt Assad zurückgezogen in drei seiner 20 Wohnungen im modernen Quartier Moskau City. Hier stehen Wolkenkratzer mit einer Höhe bis zu 374 Metern. Zwischendurch soll sich Assad auch in einer abgeschiedenen Villa in der weiteren Umgebung Moskaus aufhalten. Sein Leben bezahlt er mit Geld, das er dem syrischen Volk gestohlen hat und während seiner Herrschaft regelmässig nach Moskau einfliegen liess.

Games, Alkohol, Shishas und Spital

Trotz seines Reichtums ist Assads Leben in Moskau trist. Laut dem russischen Botschafter im Irak, Elbrus Kutraschew (50), hat Putin Assads Asyl an strikte Bedingungen geknüpft: keine Auftritte, keine politischen Aktivitäten. Der Preis für den Schutz sei die absolute Unsichtbarkeit für die Aussenwelt, schreibt «Die Zeit». Verlässt Assad das Haus, begleiten ihn private Bodyguards, die von der russischen Regierung bezahlt werden.

Zuerst jahrelang an der Macht und im Rampenlicht – und jetzt plötzlich im Versteck: Wie muss das langweilig sein! Laut einem ehemaligen Weggefährten verbringt Assad täglich Stunden mit Online-Videospielen. Auch Assads Bruder Maher (57) scheint nicht zu wissen, was er mit der Zeit anfangen soll. Er wohne im Four Seasons Hotel und vergnüge sich damit, sich zu betrinken und Shisha zu rauchen, schreibt «Die Zeit».

Assads Frau Asma soll es schlecht gehen. Nachdem sie ihren Brustkrebs überwunden hatte, soll sie nun unter Leukämie leiden. Um sich behandeln zu lassen und wohl auch dem trostlosen Leben zu entfliehen, wollte sie in ihre alte Heimat London fliegen. Die Einreise wurde ihr verweigert. Gemäss weiteren Meldungen soll sie die Scheidung eingereicht haben.

Syrien ist für Russland wichtig

Seit Assads Sturz hat Putin seinen wichtigsten Verbündeten im Mittleren Osten verloren. Denn Russland unterhält in Syrien zwei Stützpunkte: den Hafen Tartus für den Zugang zum Mittelmeer und den Flugplatz Hmeimim für seine Luftwaffe. 

Damit Russland die strategisch wichtigen Stellungen weiterhin behalten kann, wird die neue Regierung Gegengeschäfte verlangen. Eines dürfte die Auslieferung Assads sein. Am 27. September hatte das syrische Justizministerium bekannt gegeben, dass gegen ihn ein Haftbefehl erlassen wurde. Die Anklage lautet auf vorsätzlichen Mord, Folter und Aufwiegelung zum Bürgerkrieg.

Nur zu gerne möchte die neue Regierung gegenüber dem syrischen Volk ihr Versprechen einlösen und den Mann vor Gericht stellen, dessen Bürgerkrieg das Leben von rund einer halben Million Menschen gekostet hat.

Putin in der Zwickmühle

Ausliefern oder nicht? Bisher scheint der Kreml Assad nicht ans Messer liefern zu wollen. Botschafter Kutraschew sagte jedenfalls, dass eine Auslieferung nicht zur Debatte stehe.

Von dem geht auch Marcel Hirsiger, Russland-Experte an der Fachhochschule Nordwestschweiz, aus. Eine Auslieferung würde für Putin einen Gesichtsverlust bedeuten, da er sich schon zu lange an die Seite von Assad gestellt habe. Hirsiger: «In Putins Wertesystem ist Loyalität sehr weit oben. Seine Mentalität als Leningrader Hinterhofgangster belohnt Loyalität mit einer lebenslangen Treue.»

Dennoch sagt Hirsiger: «Putin ist im Dilemma.» Denn wie will er den Forderungen der neuen syrischen Regierung nachkommen? Gut möglich, dass er eine Lösung finden wird und die Vergiftungsgerüchte schon bald Realität werden. Schliesslich hat Putin nicht nur Erfahrung in diesem Metier, sondern auch die volle Kontrolle über seinen lästig werdenden Flüchtling. 

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