Spannungen in Golfregion
Iran kritisiert Vertragspartner des Atomabkommens

Überschattet von den Spannungen im Persischen Golf haben die verbliebenen Vertragspartner des Atomabkommens von 2015 (JCPOA) in Wien mit dem Iran beraten.
Publiziert: 28.07.2019 um 21:02 Uhr
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Aktualisiert: 29.07.2019 um 10:08 Uhr

Vor dem Treffen am Sonntag wies Teheran einen britischen Vorschlag für eine europäische Marinemission im Persischen Golf zurück. «Die Anwesenheit ausländischer Truppen wird der Sicherheit der Region nicht zuträglich und die Hauptursache für Spannungen sein», zitierte die Nachrichtenagentur Isna Präsident Hassan Ruhani.

Regierungssprecher Ali Rabiei sagte, eine europäische Flotte im Persischen Golf sei «provokativ» und würde «natürlich eine feindselige Botschaft» transportieren.

Grossbritannien will Schutz-Eskorten

Nach der Festsetzung des britischen Tankers «Stena Impero» in der Strasse von Hormus hatte Grossbritannien vor knapp einer Woche angekündigt, eine europäische Marinemission zur Sicherung des Seeverkehrs in der Golfregion bilden zu wollen. (Blick berichtete) Am Donnerstag ordnete London seine Marine an, Schiffe unter britischer Flagge in der Meerenge zu eskortieren.

Ruhani machte den Austritt der USA aus dem Atomabkommen für die jüngsten Zwischenfälle in der Golfregion verantwortlich. «Die bedauerlichen Vorfälle und Spannungen in der Region heute haben ihre Wurzeln im einseitigen Rückzug der USA vom JCPOA-Abkommen und in den Wahnvorstellung der Regierung», sagte er nach einem Treffen mit Omans Aussenminister Jusuf bin Alawi in Teheran.

Die deutsche Regierung hat sich bislang nicht auf eine deutsche Beteiligung an einer möglichen Marinemission festgelegt, dies allerdings auch nicht ausgeschlossen. Auch international gibt es dafür bislang keine Beschlüsse.

Frankreich erklärte, keine zusätzlichen Schiffe in die Region schicken zu wollen. Es wolle aber Informationen bereitstellen und seine bisherigen Einsatzkräfte vor Ort entsprechend koordinieren.

Streit um Tanker-Festsetzung

Am 4. Juli war in Gibraltar der iranische Öltanker «Grace 1» aufgebracht worden. Die Behörden des britischen Überseegebiets verdächtigen den Iran, Syrien unter Verstoss gegen internationale Sanktionen mit Öl beliefern zu wollen. Teheran hatte die Beschuldigungen Gibraltars zurückgewiesen und von einem Akt der «Piraterie» gesprochen.

Seit dem Ausstieg Washingtons aus dem internationalen Atomabkommen mit Teheran im Mai 2018 und der US-Strategie des «maximalen Drucks» gibt es zunehmende internationale Spannungen. Der Iran hat wiederholt gedroht, die Strasse von Hormus zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman zu blockieren.

Rund ein Drittel des auf dem Seeweg transportierten Öls wird durch die Meerenge zwischen dem Iran und dem Oman befördert. Seit Mai gab es eine Reihe von Vorfällen mit ausländischen Tankern in der Region.

In Wien berieten am Sonntag die verbliebenen Vertragsparteien des internationalen Atomabkommens darüber, wie ein Scheitern der Vereinbarung doch noch verhindert werden kann.

Irans Vize-Aussenminister Abbas Araghchi sagte nach seinem Eintreffen in der österreichischen Hauptstadt, sein Land sehe die Festsetzung seiner Öltanker als «Verstoss gegen JCPOA». (Die verbliebenen Vertragspartner des Atomabkommens) Frankreich, Deutschland, China und Russland dürften keinerlei Hindernisse für den Export iranischen Öls schaffen.

Instex auf Zielgeraden

Trotz der Spannungen seien die Gespräche in Wien in einer «sehr guten» Atmosphäre verlaufen, sagte der chinesische Vertreter Fu Cong. Die Teilnehmer hätten darin übereingestimmt, ihre Bemühungen um «praktische Lösungen» fortzusetzen, um Teheran weiter Handel «mit dem Rest der Welt» zu ermöglichen, sagte ein iranischer Diplomat. Der dazu vorgesehene Tauschhandelsmechanismus Instex funktioniere zwar noch nicht, sei aber auf der Zielgeraden.

Die Europäer wollen dem Iran mit Hilfe des Tauschhandelsmechanismus Instex die Möglichkeit bieten, den Handel in US-Dollar zu umgehen. Allerdings ist das System bislang weitgehend wirkungslos geblieben; es sieht zudem Beschränkungen auf Lebensmittel und medizinische Güter vor. Ölexporte sind von Instex ganz ausgenommen.

(SDA)

Atomabkommen von 2015

Das sind die wichtigsten Vereinbarungen aus dem Vertrag zum iranischen Atomprogramm:

  • Uran-Anreicherung
    Die Herstellung atomarer Waffen ist nur möglich, wenn man genug spaltbares Material zur Verfügung hat. Das Abkommen legte deshalb den Grenzwert von 3,67 Prozent fest, bis zu dem der Iran Uran anreichern darf. Für Atomwaffen ist ein Anreicherungsgrad von 90 Prozent nötig. Vor dem Abkommen reicherte der Iran Uran bis zu 20 Prozent an.
     
  • Uran-Vorräte
    Der Bestand an niedrig angereichertem Uran darf 300 Kilogramm nicht überschreiten, und zwar für 15 Jahre, legte das Abkommen 2015 fest.
     
  • Anreicherungskapazitäten
    Der Iran hat zwei Anlagen zur Anreicherung von Uran, die teilweise unter der Erde liegen. Das Abkommens legte fest, dass die Zahl der Zentrifugen um mehr als zwei Drittel reduziert wird. Die Forschung und Entwicklung zur Uran-Anreicherung ist in den Anlagen seitdem nur noch in einem kleineren Massstab erlaubt. Damit sollte verhindert werden, dass die Kapazität für eine Anreicherung sprunghaft ansteigt.
     
  • Plutonium
    Der Iran war 2015 von der Verarbeitung von Plutonium zu waffenfähigem Material noch weiter entfernt als von Uran. Im Schwerwasser-Reaktor Arak hätte möglicherweise irgendwann Plutonium hergestellt werden können, doch das Abkommen verlangte, den Reaktorkern mit Zement aufzufüllen. Unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA sollte der Reaktor so umgebaut werden, dass die Produktion von Plutonium minimiert wird und im Normalbetrieb kein waffenfähiges Plutonium anfällt. Neue Schwerwasser-Reaktoren darf der Iran nicht bauen.

Das sind die wichtigsten Vereinbarungen aus dem Vertrag zum iranischen Atomprogramm:

  • Uran-Anreicherung
    Die Herstellung atomarer Waffen ist nur möglich, wenn man genug spaltbares Material zur Verfügung hat. Das Abkommen legte deshalb den Grenzwert von 3,67 Prozent fest, bis zu dem der Iran Uran anreichern darf. Für Atomwaffen ist ein Anreicherungsgrad von 90 Prozent nötig. Vor dem Abkommen reicherte der Iran Uran bis zu 20 Prozent an.
     
  • Uran-Vorräte
    Der Bestand an niedrig angereichertem Uran darf 300 Kilogramm nicht überschreiten, und zwar für 15 Jahre, legte das Abkommen 2015 fest.
     
  • Anreicherungskapazitäten
    Der Iran hat zwei Anlagen zur Anreicherung von Uran, die teilweise unter der Erde liegen. Das Abkommens legte fest, dass die Zahl der Zentrifugen um mehr als zwei Drittel reduziert wird. Die Forschung und Entwicklung zur Uran-Anreicherung ist in den Anlagen seitdem nur noch in einem kleineren Massstab erlaubt. Damit sollte verhindert werden, dass die Kapazität für eine Anreicherung sprunghaft ansteigt.
     
  • Plutonium
    Der Iran war 2015 von der Verarbeitung von Plutonium zu waffenfähigem Material noch weiter entfernt als von Uran. Im Schwerwasser-Reaktor Arak hätte möglicherweise irgendwann Plutonium hergestellt werden können, doch das Abkommen verlangte, den Reaktorkern mit Zement aufzufüllen. Unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA sollte der Reaktor so umgebaut werden, dass die Produktion von Plutonium minimiert wird und im Normalbetrieb kein waffenfähiges Plutonium anfällt. Neue Schwerwasser-Reaktoren darf der Iran nicht bauen.
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