Philipp A. (58) aus Binningen BL fährt von Kiosk zu Kiosk. Überall stellt er die gleiche Frage: «Haben Sie Twenty?». So heisst seine Lieblingszigarette. Schon mehr als 30 Stangen hortet A. in der Garage. Denn bald gibt es sie nicht mehr – die Produktion der Marke wird eingestellt. Im Zentrallager des Kiosk-Unternehmens Valora gibt es schon keine Twenty mehr.
Der kaufmännische Angestellte ist nicht der Einzige, der künftig auf seine gewohnten Glimmstängel verzichten muss. 22 Marken (siehe Liste rechts) nimmt der Zigarettenkonzern British American Tobacco (BAT) Ende Mai vom Schweizer Markt. Darunter so bekannte Namen wie Peter Stuyvesant, Stella Super, Lord Extra Box, Gallant Classic 84. Auch für die gelbe Parisienne flach ist bald Schluss.
Die Produkte seien in jüngster Zeit sehr wenig nachgefragt worden, sagt die Sprecherin des zweitgrössten Zigarettenherstellers der Schweiz, Saskia Braunholz. Dies habe auch mit dem veränderten Geschmack des heutigen Publikums zu tun. Darum werde das Schweizer Sortiment nun «optimiert».
Ein Klassiker der besonderen Art bleibt Peter Stuyvesant, eine Marke, die Ende der 50er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts eingeführt wurde: Mit dem Slogan «Der Duft der grossen weiten Welt» und Fotostrecken rund ums Fliegen und Reisen hatte der Basler Grafiker Fritz Bühler (1909–1963) international neue Massstäbe in der Zigarettenwerbung gesetzt. Sein viel zitierter Slogan wurde gelegentlich auch derb verfremdet: «Was hinten in die Grube fällt, das ist der Duft der grossen weiten Welt.»
Nach dem Ende von 22 Marken führt der 20-Milliarden-Franken-Konzern BAT in der Schweiz noch 87 Produkte – doppelt so viele wie Marktführer Philip Morris, viermal so viele wie bei der Schweizer Nummer drei, Japan Tobacco.
Wichtigste lokale Schweizer BAT-Marken bleiben Parisienne, Mary Long, Marocaine sowie Select. International verkauft British American Tobacco noch Kent, Lucky Strike, Vogue, Pall Mall und Dunhill.
Mit der Sortimentsbereinigung steht BAT nicht allein da. Philip Morris hat 2008 die Marken Flint und Arlette eingestellt. Auch hier wird als Grund «keine ausreichende Nachfrage» genannt. Branchenkenner dagegen wissen, dass der Abbau mancher Produkte nicht nur mit der Nachfrage zu tun hat, sondern auch mit Marketing-Überlegungen: So gibt es in den Verkaufsregalen Platz für Billigmarken. Neue Raucher sind gesucht.
Gerade Marken mit Preisen von Fr. 5.50 statt Fr. 6.90 pro Packung seien ein wichtiges Lockmittel für Neueinsteiger, Junge und Preissensible, sagt Thomas Beutler von der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention. So würden die Konsumenten bei Laune gehalten.
Rauchern von Twenty empfiehlt BAT auf einem Packungshinweis, auf Parisienne Jaune Soft auszuweichen. Das Manöver könnte klappen: «Aus unserer Erfahrung wechseln Raucher, deren Produkt eingestellt wird, in solchen Situationen auf eine andere Zigarettenmarke», sagt Valora-Sprecherin Stefania Misteli. Mit anderen Worten: Das Ende der Marke wird wohl nur selten als Aufforderung zum Nichtrauchen aufgefasst.
Trotzdem bleibt der Trend zum Nichtrauchen in der Schweiz stark. 2008 gingen in der Schweiz 12 Milliarden Zigaretten in Rauch auf; vor acht Jahren waren es noch 14,5 Milliarden Stück, 1992 sogar knapp 17 Milliarden.
Davon profitierten immerhin auch die Sozialversicherungen: Sie erhielten 2008 rund 2,1 Milliarden Franken aus der Tabaksteuer.