Wüsten-Airline macht nach A380-Aus Druck auf Airbus und Boeing
Emirates fordert plötzlich neuen Superjumbo – was steckt dahinter?

Der A380 ist Geschichte. Das sind keine guten Aussichten für die Fluggesellschaft Emirates, die auf XXL-Maschinen setzt. Deshalb läuft in Dubai die Suche nach dem neuen Superjumbo auf Hochtouren. Neuerdings auch öffentlich. Die Hintergründe dazu.
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Stolzes Kabinenpersonal vor dem A380: eine Emirates-Crew in Dubai.
Foto: AP

Darum gehts

  • Emirates sucht Ersatz für A380. Airbus und Boeing prüfen neue Grossraumflugzeuge
  • A380-Produktion wurde 2021 eingestellt. Pandemie führte zu drastischem Einbruch
  • Emirates setzt täglich 116 Superjumbos ein, grösste A380-Flotte weltweit
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Nicola ImfeldTeamlead Wirtschaft-Desk

Als der Airbus A380 vor über 20 Jahren erstmals in den Himmel abhob, war der Jubel riesig. «Gigant der Lüfte», «Superjumbo», «Wundervogel» – kein Superlativ war Flugzeug-Fans oder Aviatik-Experten genug. Kein Wunder, denn der A380 bot Platz für bis zu 853 Passagiere auf zwei durchgehenden Decks, modernste Kabinen und kaum hörbare Triebwerke – eine kleine Revolution. 

Doch aus dem «Wundervogel» wurde schnell ein Problemfall. Wirtschaftlich rechnete sich der A380 nicht. Anfang 2019, nicht einmal 15 Jahre nach dem ersten Flug, gab Airbus die Einstellung der Produktion per 2021 bekannt. Die folgende Corona-Pandemie liess das einstige Prestigeprojekt dann brutal abstürzen: 2020 wurden nur noch 25’000 A380-Linienflüge durchgeführt – ein Einbruch um fast 80 Prozent. Der damalige Qatar-CEO Akbar Al Baker (63) wetterte medienwirksam: «Der A380 war der grösste Fehler, den wir je gemacht haben.» Und die Kataris waren nicht allein: Die meisten Airlines stuften den Vierstrahler als zu gross, zu schwerfällig und zu teuer ein.

Emirates will ein XXL-Flugzeug

Nach der Pandemie und mit der Rückkehr der Reiselust kam es zur Wende. Die Airlines brauchten plötzlich mehr Kapazitäten und wiederbelebten ihre A380-Maschinen. Im Dezember 2025 sind A380 unter anderem bei Singapore Airlines, British Airways, Qantas und Lufthansa im Einsatz. Vorneweg geht aber weiterhin Emirates: Die Golf-Airline betreibt mit Abstand die grösste A380-Flotte der Welt und setzt täglich 116 Superjumbos ein. Für Emirates ist das kein Luxus, sondern Notwendigkeit. Denn das gesamte Geschäftsmodell basiert darauf, möglichst viele Passagiere über den Hub in Dubai zu schleusen.

Das weiss auch Emirates-Präsident Tim Clark (76), der seine Airline auf die Zeit nach dem A380 vorbereiten muss. Bis Anfang der 2040er-Jahre könne man mit der bestehenden Flotte noch fliegen, sagte er kürzlich. Doch was kommt danach? Clarks Botschaft an die Flugzeugbauer Airbus und Boeing ist glasklar: «Wir brauchen ein grösseres Flugzeug!»

Wer baut das neue Mega-Flugzeug – Airbus oder Boeing?

Im Interview mit der «Aviation Week» legte Clark kürzlich nach: «Der A350-1000 ist als Ersatz für den A380 zu klein. Wir brauchen etwas Grösseres!» Tatsächlich fasst der A350-1000 rund 40 Prozent weniger Passagiere als ein A380. Und auch Boeings kommender 777-9 ist deutlich kleiner – er bietet etwa 140 Sitze weniger als der Superjumbo. Für Emirates ist das laut Clark untragbar: Mehr Flüge wären nötig, doch zusätzliche Slots gibt es schlicht nicht. Die internationalen Flughäfen sind am Anschlag.

Darum richtet Emirates den Blick auf zwei mögliche Übergangslösungen. Die erste Variante: ein A350-2000 – eine gestreckte Version des A350, die Airbus derzeit prüft. Airbus-CEO Christian Scherer meint, «viele Airlines» würden weltweit darüber sprechen. Heisst: Ein grösserer A350-Nachfolger könnte sich für den französischen Flugzeugbauer durchaus lohnen.

Die zweite Variante für Emirates wäre eine Airbus-Abkehr und ein Wechsel zum amerikanischen Flugzeugbauer Boeing. Dort prüft man aktuell einen 777-10 – eine nochmals verlängerte 777-9 mit drei zusätzlichen Metern und rund 40 weiteren Sitzplätzen. Doch beide Jets, sowohl die XXL-Version des A350 als auch die Boeing Triple Seven, wären frühestens in den 2030er-Jahren zu haben – und selbst dann noch immer kleiner als der A380. Für Emirates bleibt das Fazit deshalb klar: Ein echter Ersatz für den Superjumbo ist nicht in Sicht. 

Die Idee des A380neo

Ganz damit abgefunden hat man sich in Dubai noch nicht. Ein kleiner Hoffnungsschimmer auf eine neue A380-Version bleibt bei Tim Clark und Co. bestehen. Vor einem Monat hat Emirates Airbus sogar vorgerechnet, wie ein moderner A380 aussehen könnte: neue Triebwerke, leichtere Materialien, effizientere Flügel – ein «A380neo», der laut Clark auch noch bis zu 25 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen würde. Kostenpunkt: rund 20 Milliarden Dollar. Airbus hat der Idee keine definitive Absage erteilt und lässt ein Hintertürchen offen, verweist aber öffentlich auf fehlende Grosskunden und das enorme Risiko eines solchen Projekts.

Und genau das ist das Kernproblem für Emirates: Die meisten Konkurrenz-Airlines setzen längst auf kleinere, flexiblere Zweistrahler – Flugzeuge, die sich schneller auslasten lassen und in Krisenzeiten weniger gefährlich fürs Portemonnaie sind. Denn ein XXL-Flugzeug kann schnell zur Hypothek werden. Und ein neuer Superjumbo nur für Emirates? Das rechnet sich wohl weder für Airbus noch für Boeing.

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