Der Volkswirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger (54) erklärte im BLICK, dass viele Manager versuchten, mit ihren Klagen über die starke Heimatwährung «ihre Fehler dem Schweizer Franken zuzuschieben.» Tatsächlich gibt es Anzeichen, dass die Aufhebung des Mindestkurs gut anderthalb Jahr danach verdaut wurde.
«Offensichtlich ist der Frankenschock nicht zum Schreck für ausländische Direktinvestitionen in die Schweiz geworden. Im Gegenteil!», sagt Andreas Liedtke (42), Chef der Unternehmensberatung A.T. Kearney Schweiz. Auch die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich erklärt, die Exportindustrie habe sich schon etwas erholt.
Doch anderen reagieren empört auf Eichenbergers Aussagen.
«Jahrelang hatte man Zeit, sich eine Strategie zu überlegen»
Daniel Lampart (47), Chefökonom beim Schweizer Gewerkschaftsbund, sieht dies anders. «Was Herr Eichenberger hier erzählt, ist Unsinn. Jeder weiss, dass der Franken viel zu stark ist», so Lampart zu BLICK. Die Schweiz sei deshalb fast das einzige Land in Europa mit steigender Arbeitslosigkeit. Mehrere 10‘000 Arbeitsplätze seien bereits verloren gegangen.
In eine ähnliche Kerbe haut der Industrie-Verband Swissmem. Der starke Franken hätte «von einer Minute auf die andere» Produkte im Hauptmarkt EU um rund 20 Prozent verteuert, so Swissmem-Sprecher Ivo Zimmermann. «Das ist ein Wettbewerbsnachteil, der weder schnell noch einfach ausgeglichen werden kann.»
Gewerbeverbandsdirektor und FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler (58) hält dagegen. «Jahrelang hatte man Zeit, sich eine Strategie für einen stärkeren Franken zu überlegen, weil klar war: eines Tages wird der Mindestkurs aufgehoben», so Bigler zu BLICK. «Es ist nicht falsch, was Herr Eichenberger sagt», ergänzt Bigler. Einen Seitenhieb gegen die grossen Unternehmen kann sich Bigler nicht verkneifen: «Die KMU-Wirtschaft hat nie gejammert.»