Es ist ein legendäres Ritual: Nobelpreisträger werden vom Klingeln des Telefons aus dem Tiefschlaf gerissen und erfahren von ihrem Glück. So erging es gestern auch Richard Thaler (72). Der US-Verhaltensökonom gewann den Nobelpreis in Wirtschaft – immerhin mit einer Million Franken dotiert. Da steht man auch als Forscher mitten in der Nacht auf.
Die Begründung der Königlich-Schwedischen Wissenschaftsakademie muss Thaler gerührt haben. «Er hat es geschafft, die Wirtschaftswissenschaften menschlicher zu machen», hiess es gestern in Stockholm. Was für ein Kompliment für einen Forscher, der sich sonst in abstrakten Sphären bewegt.
Beim Entrümpeln helfen
Ein konkretes Beispiel für Thalers Arbeit: In Grossbritannien gibt es Tausende Hausbesitzer, die Subventionen bekämen, wenn sie ihren Estrich sanierten. Weil ihnen das Entrümpeln aber zu mühsam ist, verzichten sie darauf. Thaler regte an, den Hausbesitzern das Aufräumen des Dachbodens zu bezahlen. Das hat funktioniert! Plötzlich rissen sich alle um die ökologisch sinnvolle Sanierung.
«Anstupsen» nennt das Richard Thaler. Es geht darum, wie Politik rationales Verhalten der Bürger durch richtige Anreize unterstützen kann. Und dem Menschen so hilft, den inneren Schweinehund zu überwinden.
Warum Neujahrsvorsätze scheitern
Der Ökonom hat zudem die Neujahrs-Vorsätze analysiert und untersucht, warum diese oft zum Scheitern verurteilt sind. Seine Erkenntnis: Es mangelt dem Menschen an Selbstdisziplin. Das mache es vielen auch schwierig, für das Alter zu sparen, fand er in einer anderen Studie heraus.
Thaler lehrt derzeit an der renommierten Universität in Chicago. Kurz gesagt: Er untersucht psychologische Faktoren, die hinter wirtschaftlichen Entscheidungen stehen. Er arbeitet eng mit der Politik zusammen und berät weltweit Regierungen, so etwa diejenige des früheren US-Präsidenten Barack Obama (56).