Darum gehts
- Heinz Julen plant 260 Meter hohen Wohnturm in Zermatt mit Matterhorn-Blick
- Andere Schweizer Grossprojekte wie Vals-Hochhaus und Zürcher Seilbahn scheiterten
- Julens Wolkenkratzer soll auf 6000 Quadratmeter Landwirtschaftsland entstehen
Die Schweiz ist um eine Vision reicher: Der Walliser Unternehmer, Architekt und Künstler Heinz Julen (61) will einen 260 Meter hohen Wohnturm bauen – mit bestem Blick aufs Matterhorn in seiner Heimatgemeinde Zermatt. Mit dem Hochhausprojekt möchte er neuen Wohnraum für die Berggemeinde schaffen. Bereits im Frühling machte Julen seine visionäre Idee im «Walliser Boten» publik. Nächste Woche wird er die Bevölkerung über sein Vorhaben informieren – und dann gleichzeitig Unterschriften dafür sammeln, wie verschiedene Medien berichtet haben.
Entstehen soll der Wolkenkratzer namens Lina Peak etwas unterhalb des Dorfkerns, wo Julen 6000 Quadratmeter Landwirtschaftsland besitzt. Einige Hundert Meter nördlich des Zermatter Zentrums soll im engen und steilen Mattertal also ein riesiger Turm entstehen – ein Projekt, das alles Dagewesene im Wallis in den Schatten stellt. Aus gesamtschweizerischer Perspektive ist Julen aber nicht der erste Visionär, der den ganz grossen Wurf gewagt hat.
Europas höchstes Hochhaus im heimeligen Bergdorf
Vor Zermatt gab es bereits in einer anderen Berggemeinde den Traum eines Hochhauses: Im Bündner Thermalort Vals wollten die Investoren Remo Stoffel (48) und Pius Truffer ihrer Heimat ein Denkmal setzen – mit einem Turm, der über 100 Meter höher werden sollte als jener in Zermatt. 2015 stellten die beiden in New York ihre Pläne vor, die nur so von Superlativen strotzten: Im 381 Meter hohen Hotel-Hochhaus waren 107 Luxus-Suiten auf 82 Stockwerken geplant. Zu Preisen von 1000 bis 25'000 Franken pro Nacht. Zwei Drittel des 300-Millionen-Projekts wollten die zwei Investoren selber stemmen. Ihr Traum blieb aber für immer ein Luftschloss. Immo-Unternehmer Stoffel verbrachte 2020 sogar einige Tage in U-Haft.
105-Meter-Hotelturm auf der Davoser Schatzalp
Hoch hinaus wollten Visionäre einst auch nur gut 50 Kilometer Luftlinie von Vals entfernt. In Davos GR sollte auf der Schatzalp ein 105 Meter hoher Hotelturm entstehen. Das Projekt entwarfen 2003 die Star-Architekten Jacques Herzog (75) und Pierre de Meuron (75), die seither mit den Roche-Türmen den Basler Himmel erobert haben. Ihr Bauvorhaben für Davos verstaubt aber nun seit über 20 Jahren in irgendeiner Schublade. Die Bevölkerung hatte das Projekt bei einer Abstimmung zwar noch knapp befürwortet, aber Landschaftsschützer gingen anschliessend auf die Barrikaden. Die Konsequenz: Niemand wollte die nötigen 200 Millionen Franken seither aufbringen.
Luxus-Wellnessoase mit Hochhaus für Baden
Auch im Unterland gab es Turm-Träume. Mitte der 1990er-Jahren plante der israelische Milliardär Mordechai «Motti» Zisser (1955 bis 2016), den Ruhm von Baden AG als einst berühmte Bäderstadt wieder zum Leben zu erwecken. Ihm schwebte eine Wellness-Oase der Extraklasse vor. Badeanlagen, Spitzenrestaurants und Luxus-Hotels inklusive Spielkasino wollte der Israeli bauen. Das eigentliche Wahrzeichen: ein 20-stöckiger Turm. Das Projekt mit dem Namen «Riverfront» spaltete die Stadt. Später wurden bei Zisser dann finanzielle Unregelmässigkeiten unterstellt, was den Traum des Investors platzen liess.
Seilbahn über dem Zürichsee
Ein luftiges Bauvorhaben sorgte in Zürich für Gesprächsstoff: 2017 lancierte die Zürcher Kantonalbank (ZKB) medienwirksam ihr Seilbahn-Projekt. Pünktlich zum 150-Jahr-Jubiläum der Bank sollten ab 2020 Gondeln das rechte mit dem linken Zürichseeufer der grössten Stadt der Schweiz verbinden. Vom Zürichhorn geht es 1400 Meter mit 14 Gondeln für je 35 Personen über den See zur Landiwiese, so die Idee. Doch von links-grüner Seite regte sich Widerstand, die Gegnerschaft zog vor Gericht. Nach zwei juristischen Niederlagen zog die ZKB ihrer Seilbahn-Idee den Stecker.
Badesee in Winterthur
Ein visionäres Projekt mit mehr Bodenhaftung geistert seit einigen Jahrzehnten durch Winterthur. Dort blicken die Menschen oft etwas neidisch in Richtung grosse Schwester Zürich. Die Limmatstadt hat nämlich einen See. Dieser fehlt aber in Winterthur. Eine Initiative sollte dies ändern, angestossen vom lokalen Künstler Erwin Schatzmann (70). Die Idee: Die Stadt baut nördlich des Eschenbergwaldes einen Badesee, den der Mattenbach mit Wasser speist. Nur war die Winterthurer Bevölkerung vom Vorhaben nicht überzeugt und schickte dieses 1999 bei einer Abstimmung klar bachab. Und badet halt weiterhin im «Schwümbi» oder in der Töss – oder im Zürichsee.