Darum gehts
- MSC prüft Einstieg oder Übernahme von Easyjet laut italienischer Zeitung
- MSC-Chef Aponte will nach Häfen und Schiffen eine Passagierfluggesellschaft erwerben
- Easyjet hat aktuell einen Börsenwert von rund 3,7 Milliarden Franken
Kommt es am Genfersee schon bald zu einem Milliarden-Coup? Laut einem Bericht der italienischen Zeitung «Corriere della Sera» prüft die Genfer Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) einen Einstieg beim britischen Billigflieger Easyjet – oder gar eine komplette Übernahme.
Die Rede ist von «vorläufigen Bewertungen», wie drei mit den Gesprächen vertraute Quellen gegenüber der italienischen Zeitung berichten. Demnach liege das Dossier derzeit «auf mehreren Schreibtischen», und MSC koordiniere ein mögliches Angebot auch über einen Investmentfonds. Neben MSC gibt es offenbar noch weitere interessierte Unternehmen, die Easyjet ins Auge gefasst haben. Das Interesse in Genf sei «gross», heisst es.
Gross wäre allerdings auch der Preis: Easyjet kommt an der Börse aktuell auf rund 4 Milliarden Euro (umgerechnet: 3,7 Milliarden Franken).
Offiziell wird abgewiegelt
Bei Easyjet will man über den möglichen Deal nicht sprechen. «Wir kommentieren keine Spekulationen», richtete eine Sprecherin gegenüber der Zeitung aus. Bei MSC wies man die Gerüchte zu einer «Direktbeteiligung» über einen Sprecher zurück. Wenn das Dementi stimmen sollte, käme nur noch eine indirekte Beteiligung via Investmentfonds infrage. An der Börse sorgten die Gerüchte dennoch bereits für Euphorie: Die Aktie des Billigfliegers sprang am Dienstag zeitweise über zehn Prozent nach oben.
Branchenkenner halten einen Genfer Mega-Deal keineswegs für abwegig. MSC hat in den vergangenen Jahren eine rasante Expansionsstrategie verfolgt – vom Einstieg beim Hamburger Hafenbetreiber (HHLA) bis zur Übernahme der portugiesischen Bahngesellschaft CP Carga und der Gründung einer eigenen Cargo-Airline.
MSC-Chef Aponte – einer der reichsten Schweizer
Für den diskreten Konzern mit Hauptsitz in Genf wäre der Einstieg in die Passagierluftfahrt also der nächste logische Expansionsschritt. Das Familienunternehmen rund um den medienscheuen italienischen Patron Gianluigi Aponte (85) steht in der Schweiz nur selten in den Schlagzeilen. Dabei hat Aponte, der 2024 im Bilanz-Ranking der reichsten Schweizer auf Platz 5 landete, ein gigantisches Imperium geschaffen. Der gebürtige Neapolitaner lebt mit seiner Schweizer Ehefrau Rafaela schon lange Zeit in Genf.
Mit MSC verdient Aponte laut Berechnungen vom «Corriere della Sera» aktuell im Minutentakt rund 66'000 Euro. Jetzt will er sich mit dem Geld also angeblich eine Fluggesellschaft für den Passagierverkehr krallen.
Warum könnte der Easyjet-Deal Sinn machen?
Bereits 2022 wollte Aponte gemeinsam mit Lufthansa die italienische ITA Airways übernehmen – scheiterte jedoch an der Konkurrenz und an der Politik in Rom. Mit Easyjet hätte MSC eine Airline, die an fast allen grossen europäischen Drehkreuzen präsent ist. Darunter London-Gatwick, Paris-Orly, Lissabon oder Mailand-Linate.
Auch in der Schweiz ist der britische Billigflieger omnipräsent: Easyjet ist die grösste Airline an den Flughäfen Genf und Basel und betreibt dort eigene Basen mit Schweizer Personal und in der Schweiz registrierten Flugzeugen. Allein in Genf befördert Easyjet jährlich Millionen Passagiere – viele davon Kreuzfahrt-Touristen, die zu MSC-Schiffen reisen.
Ein Zusammenschluss würde also Synergien mit dem Kreuzfahrtgeschäft schaffen. MSC könnte so das Zubringer-Netz für seine Kreuzfahrten selbst kontrollieren – und seine Kunden künftig gleich mit der eigenen Airline zum Schiff fliegen lassen.
Bis jetzt bleiben das Spekulationen, aber klar ist: Für Aponte wäre eine Easyjet-Übernahme ein weiterer Coup. Als ehemaliger Matrose aus Neapel baute er gemeinsam mit seiner Frau Rafaela das grösste Schifffahrtsimperium der Welt auf. Heute führen Sohn Diego und Tochter Alexa die Geschäfte weiter. Ob die MSC-Easyjet-Hochzeit letztlich bei einem wilden Gerücht bleibt – oder ob es zum Airline-Deal des Jahres wird – werden die nächsten Wochen und Monate zeigen.