Ostern steht vor der Tür. Spielt das Wetter mit, holen Herr und Frau Schweizer die Wanderschuhe aus dem Keller, stecken GA oder Halbtax in den Rucksack und fahren mit Zug und Bus in die Berge.
Doch aufgepasst! Wer blindlings der SBB-App oder dem Billettautomaten am Bahnhof vertraut, bezahlt für die Reise an seine Lieblings-Wanderdestina-tion unter Umständen deutlich zu viel. Wer einfach Abfahrts- und Zielort eintippt, den kostet die Fahrt ins Grüne bis zu einem Drittel mehr als jene, die sich beim Ticketkauf etwas mehr Zeit lassen.
Zwei separate Buchungen
Ein Beispiel: Der Stadtberner Hans Muster will am Karfreitag nach Jaun FR. Um seine Wanderung im Greyerzerland möglichst früh beginnen zu können, steigt er in Bern um 6.34 Uhr in den Zug. Via Freiburg gelangt er nach Bulle, von dort mit dem Bus nach Jaun. Um 8.22 Uhr kommt er dort an. Nach einer mehrstündigen Wanderung – und einem atemberaubenden Blick auf die Gastlosen – geht es am Nachmittag zurück nach Bern, erneut via Bulle und Freiburg.
Herr Muster fährt 2. Klasse und hat ein Halbtax. SBB-App und Billettautomat verrechnen ihm für die beschriebene Reise (Bern–Jaun retour) 47.20 Franken. Macht Herr Muster aber zwei separate Buchungen (Bern–Fribourg retour, Fribourg–Jaun retour), kostet ihn die Reise nur 31 Franken – trotz gleicher Route, gleicher Züge, gleicher Busse! Er spart 16.20 Franken, mehr als ein Drittel des von der SBB-App ursprünglich angegebenen Verkaufspreises.
Das ist kein Einzelfall. Von Zürich HB nach Fusio im Tessiner Maggiatal bezahlen Halbtax-Inhaber mit einer direkten Von-nach- Buchung 45.80 Franken. Mit zwei separaten Buchungen (Zürich HB–Locarno, Locarno–Fusio) kostet die Reise hingegen nur 39.10 Franken, 15 Prozent weniger.
Sparpotenzial von Zürich HB aus
Erhebliches Sparpotenzial gibt es auch von Zürich HB an den Luzerner Wallfahrtsort Luthern Bad (13 Prozent), von Bern nach Schwarzsee FR (16 Prozent) oder von Zug nach Rossa GR (elf Prozent). Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Vor allem bei Reisen an entlegene Orte sollten ÖV-Nutzer deshalb prüfen, ob sie Geld sparen können, wenn sie ihre Reise in zwei Etappen buchen.
Doch wieso ist das überhaupt nötig? Wieso spuckt die SBB-App nicht immer automatisch den günstigsten Ticketpreis aus?
Die SBB wollen dazu keine Stellung nehmen und verweisen an CH-Direct, den nationalen Tarifverbund des öffentlichen Verkehrs, dem 250 Transportunternehmen angehören. Dort ist das Problem bekannt und wird damit begründet, dass es in der Schweiz zwei unterschiedliche Tarifarten gebe. Sprecher Thomas Ammann: «Im nationalen Direkten Verkehr, an welchem sämtliche Transportunternehmen beteiligt sind, werden Streckenpreise auf Kilometerbasis berechnet. Dies mit einer Degression, so dass der Preis pro Kilometer sinkt, je weiter man fährt. In den regionalen Verbünden wird das Gebiet in Zonen unterteilt, und man fährt innerhalb einer Zone unabhängig der Distanz zum selben Preis.» Die unterschiedlichen Tarifsysteme bewirkten je nach Strecke unterschiedliche Preise. Dies gelte insbesondere, wenn man – wie in den meisten Beispielen von BLICK – sehr viele oder alle Zonen eines regionalen Tarifverbunds benötige.
Subventionen des regionalen Netz
«Die unterschiedlichen Systeme sind politisch gewollt und werden insbesondere von den Kantonen gesteuert», so Ammann. Diese hätten ein Interesse daran, ihre Einwohner möglichst günstig auf dem regionalen Netz zu transportieren und subventionierten den regionalen Verbund deshalb besonders stark.
Per 1. Januar 2020 schliessen sich der nationale Direkte Verkehr und die Verbünde organisatorisch zusammen, um künftig enger zusammenzuarbeiten. Dadurch soll das Tarifsystem langfristig vereinfacht und vereinheitlicht werden. Bis es so weit ist, gilt: Der Kluge fährt im Zuge – bucht aber nie wie im Fluge.