Das knackende Geräusch des Astes klang noch lange in den Ohren der alleinerziehenden Mutter. Es machte «platsch», und ihr zehnjähriger Sohn Sebastian lag auf der nassen Wiese. Gebrochenes Bein, Notarzt, Spital, Operation – alles wieder gut? Nein, leider nicht. Mehrere Komplikationen verzögerten Sebastians Genesung; er musste zu Hause weiter nachbetreut werden. Aber wie sollte die Mutter das organisieren, sie musste doch zur Arbeit?
Das Gesetz sagt: Ist ein Kind krank oder verunfallt und braucht Pflege, kann der Vater oder die Mutter bis zu drei Tage der Arbeit fernbleiben, um es zu umsorgen – und zwar pro Fall, das heisst, jede neue Erkrankung und jedes Kind zählen einzeln. Gemäss Arbeitsgesetz muss ein ärztliches Zeugnis vorgelegt werden, zudem gilt die Regelung nur für Kinder bis 15 Jahre. Wenn beide Eltern erwerbstätig sind, können sie sich die Pflege teilen, damit sich die Absenzen nicht beim einen Elternteil anhäufen.
Am besten spricht man mit dem Chef
Diese Absenzen müssen vom Arbeitgeber bezahlt werden. Denn Eltern sind gesetzlich verpflichtet, sich um das Wohlergehen ihres Kindes zu kümmern, und in solchen Fällen ist eine Lohnfortzahlung vorgeschrieben, wie wenn man selber krank wäre: Im ersten Anstellungsjahr sind es drei Wochen, ab dem zweiten je nach Region eine angemessene längere Zeit.
Reichen die vom Gesetz vorgesehenen drei Betreuungstage nicht aus und bestätigt der Arzt, dass ein Elternteil dringend am Krankenbett des Kindes gebraucht wird, dürfen berufstätige Eltern ausnahmsweise auch mal länger von der Arbeit fernbleiben. So konnten etwa die Eltern eines leukämiekranken Mädchens ihr Kind zwei Monate lang abwechselnd im Spital betreuen und Lohn beziehen. Bei chronischen Leiden oder aufwendigen Therapien empfiehlt es sich aber, mit dem Arbeitgeber nach einer anderen Lösung zu suchen. Zu viele Absenzen könnten ihn zu einer Kündigung veranlassen.
Sebastians Mutter konnte die Betreuung mit Hilfe der Kinderspitex organisieren. Eltern, die sich lange Abwesenheiten am Arbeitsplatz finanziell oder betriebsintern nicht leisten können, müssen sich um eine externe Betreuung bemühen. Erfreulicherweise werden solche Hilfsmöglichkeiten weiter ausgebaut und ergänzt. Grosse Hoffnungen setzten Angehörige von schwerstkranken Kindern in einen bezahlten Pflegeurlaub, ähnlich dem Mutterschaftsurlaub. Doch eine entsprechende Gesetzesänderung wurde vom Bundesrat 2009 mit der Begründung abgelehnt, das geltende Recht biete genügend Schutz.
Hier erhalten Eltern Entlastung
- Kinder-Spitex: Entlastung und Unterstützung der Familie und anderer Bezugspersonen kranker Kinder.
- RedCross: Die Rotkreuz-Kinderbetreuung (KBH) bietet eine vorübergehende Hilfe an, wenn erwerbsmässige Eltern nicht weiter wissen, wem sie ihr krankes Kind anvertrauen können. Unterstützung erhalten auch gesundheitlich angeschlagene Mütter und Väter sowie Eltern, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden. Das Angebot gilt bis zum 12. Altersjahr, der Preis richtet sich nach der finanziellen Situation. Der Betreuungsdienst ist nicht zuständig bei schweren Erkrankungen oder Unfällen von Kindern, die eine fachspezifische Pflege erfordern. Für solche Fälle müssen die Eltern die spitalexterne Pflege in Anspruch nehmen.
- Entlastungsdienst (mit weiteren Links zu kantonalen Angeboten, aber auch zu Fach- und Selbsthilfeorganisationen): Betreuung und Pflege von chronisch kranken oder behinderten Kindern. Im Kanton Bern etwa schafft er den Eltern Freiräume und berät und unterstützt sie bei der Finanzierung des Dienstes.
- Pro Pallium: Stundenweise Entlastung der Eltern etwa zum Vorlesen, Basteln, Spielen oder Plaudern. Das Freiwilligen-Angebot soll in der gesamten Schweiz ausgebaut werden.
- Intensiv Kids: Ein Zusammenschluss von Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen; setzt sich für einen regelmässigen Erfahrungsaustausch und gemeinsame Aktivitäten ein.
Daneben stehen weitere kantonale oder gemeindeinterne Angebote von Stunden- oder Tagesbetreuung zur Verfügung. Auskunft geben die Wohngemeinden. Auch private Anbieter gibt es immer zahlreicher.
Weitere Infos aus dem Fachbereich Arbeit finden Sie auf Guider, dem neuen digitalen Berater des Beobachters. Mehr zu den Angeboten von Guider.