Weko fordert neue Gesetzgebung
Mehr Geld für Kartellopfer

Wer Opfer von Verstössen gegen das Kartellgesetz ist, bleibt oft auf den Kosten eines Prozesses sitzen. Die Weko fordert deshalb eine Anpassung des Gesetzes. Vorbilder könnten Deutschland, die Niederlande und Grossbritannien sein.
Publiziert: 17.03.2020 um 20:03 Uhr
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Die Weko verordnet Bussen wegen Verstössen gegen das Kartellgesetz.
Foto: Keystone

Im vergangenen Jahr sind 150 Millionen Franken an Bussgeldern, die wegen Verstössen gegen das Kartellgesetz ausgesprochen wurden, in die Bundeskasse geflossen. Geschädigte gehen jedoch meist leer aus. Die Wettbewerbskommission fordert eine Gesetzesrevision, die die Opfer besser entschädigen soll.

Die Wettbewerbshüter des Bundes monieren, dass die Geschädigten heute trotz der Möglichkeit für Schadenersatz meist nicht entschädigt werden. Das bestehende Kartellzivilrecht funktioniere in dieser Beziehung nicht, sei «praktisch bedeutungslos», schreibt die Wettbewerbskommission (Weko) in einer Mitteilung vom Dienstag. «Gesetzliche Anpassungen wären sinnvoll.» Vorbilder könnten Deutschland, Niederlande, Grossbritannien sein.

Schadenersatz meist erfolglos

Es gebe immer mehr Anfragen von Unternehmen, Privaten, öffentlichen Stellen zu Schadenersatzforderungen nach Weko-Entscheiden, heisst es in einer veröffentlichten Präsentation. Diese machten Schadenersatz, Genugtuung oder die Herausgabe des unrechtmässig erzielten Gewinns auf Zivilrechtsweg geltend - oft erfolglos.

Die Probleme sind laut der Weko zahlreich: Der Aufwand, das Kostenrisiko sei oft zu hoch. Auch die Beweislage sei nicht einfach, der Nachweis des Schadens sei schwierig zu erbringen. Zudem seien einige Fälle verjährt. «Ein klagendes Opfer trägt das Risiko, auf Kosten sitzen zu bleiben, wenn es am Ende mit seiner Klage nicht obsiegt», heisst es im Jahresbericht.

Die Wettbewerbshüter schlagen vor, die Verjährungsfrist ab dem Beginn eines Verfahrens zu sistieren sowie die Klagemöglichkeit auf alle Geschädigten auszudehnen. Die Weko leistete nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr «Pionierarbeit, indem sie die Anreize zur Entschädigung von Kartellopfern erhöhte». Demnach wirken Einigungen zwischen Kartellanten und Kartellopfern sanktionsmindernd.

Wegen Verstössen gegen das Kartellgesetz werden Unternehmen zwar oft gebüsst. Diese Bussen dienen der Abschöpfung von Kartellgewinnen und der präventiven Wirkung. Die letzte Kartellrechtsrevision war 2014 im Parlament gescheitert. Im Februar nahm der Bundesrat einen neuen Anlauf und gab beim Wirtschaftsdepartement WBF eine Vernehmlassungsvorlage in Auftrag.

Hohe Qualität der Verfahren

Die Weko bezeichnet das abgelaufene Berichtsjahr als erfolgreich. Es sei eine grosse Anzahl Entscheide getroffen worden, rund ein Dutzend Verfahren seien abgeschlossen worden. Alle ihre Beschlüsse hätten vor Gerichten standgehalten. Das spreche für eine hohe Qualität der Verfahren und Entscheide.

Die Wettbewerbsbehörde konzentrierte sich den Angaben zufolge auf besonders schädliche Verhaltensweisen, insbesondere auf die Bekämpfung von horizontalen Kartellen. Dazu gehört auch das Bündner Baukartell. Dabei geht es um umfassende Submissionsabreden durch zwölf Bauunternehmen in den Jahren 2004 bis 2010 über geschätzte 650 Strassenbauprojekte.

Vielfältige Bereiche

Daneben fällte die Weko wichtige Entscheide in ganz unterschiedlichen Bereichen: von Fahrlehrern zu Banken, von Traktoren zu Skis, von Leasingraten zu Harnstofflösung, von Abreden und Schutzgebühren im Beschaffungswesen zu Fusionen zwischen Telekommunikationsanbieterinnen, von Umschlagsplätzen zum Gesundheitsberufegesetz.

Im Frühjahr 2019 büsste die Weko die Berner Beton- und Kieshersteller Kästli und Alluvia mit insgesamt rund 22 Millionen Franken wegen unerlaubter Preisabsprachen. Im Sommer sorgte eine Busse im Umfang von 90 Millionen Franken an die Grossbanken wegen eines Devisenkartells für Aufsehen. Händler mehrerer Banken koordinierten vereinzelt ihr Verhalten bezüglich bestimmter Währungen.

Jene Entscheide, die 2019 rechtskräftig wurden, führten zur Zahlung von Bussen im Umfang von rund 150 Millionen Franken. (SDA/way)

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