Weil unsere Kühe Ferien haben
Schweizer Milchverarbeiter importiert deutsche Biomilch

Die Züger Frischkäse AG importiert diesen Sommer 4 Millionen Kilogramm Bio-Milch aus Deutschland – weil die hiesigen Kühe in den Ferien sind. Das ist kein Scherz!
Publiziert: 04.07.2016 um 15:39 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:06 Uhr
Ulrich Rotzinger

Das ist absurd: Die Preise sind im Keller, Butterberge türmen sich auf. Kurz: Viel zu viel Milch ist auf dem Markt. Trotzdem importiert der Ostschweizer Verarbeiter Züger Frischkäse – Lieferant von Coop, Lidl, Spar und Volg – seit Anfang Juni tonnenweise Milch aus Deutschland. Genau genommen: Biomilch. Vier Millionen Kilogramm sollen es bis September sein.

Züger, die Nummer fünf der Schweizer Milchverarbeiter (Umsatz 150 Millionen Franken), stellt damit Biomozzarella her. Anschliessend soll er subito exportiert werden, so die Auflage der eidgenössischen Zollverwaltung, schreibt der «Schweizer Bauer».

Bis zu vier Millionen Kilogramm Biomilch sollen bis September aus Deutschland importiert werden.
Foto: Valeriano Di Domenico

Zur Erinnerung: Schweizer Milchbauern produzierten im letzten Jahr mit rund 223 Mil­lionen Kilogramm 0,7 Prozent mehr Biomilch als im Jahr 2014. Davon konnten aber 14 Prozent nicht zu Bioprodukten verarbeitet werden.

Jetzt soll Biomilchknappheit herrschen, weil Schweizer Kühe auf der Alp in den Ferien sind. Das behauptet Milchverarbeiter Züger: 30 Prozent weniger Biomilch stehe in diesem Sommer schweizweit zur Verfügung. Auch wegen vermehrter Alp­sömmerung, so Züger.

Schweizer Milchproduzenten intervenierten

Das sorgt bei Bio Suisse für Kopfschütteln. «Der Biomilchmarkt ist gut aufgestellt», sagt Verbandssprecher Lukas Inderfurth. «Bisher konnten wir die Nachfrage jeweils stillen.» Aus der Vergangenheit wisse man, dass sich die geforderten Biomilchmengen in nützlicher Frist auch in der Schweiz aufbauen lassen.

Die Schweizer Milchproduzenten (SMP) intervenierten gegen den Biomilchimport Zügers. «Trotz deutlicher Steigerung der Biomilchproduktion um fast sechs Prozent und eines gleichzeitigen Anstiegs der Biobutterlager in den letzten Monaten wird jetzt offensichtlich Biomilch importiert. Das erstaunt uns», sagt Stephan Hagenbuch zu BLICK. Der SMP-Vizedirektor kann sich nicht erklären, «wa­rum im Juni nicht genügend Biomilch verfügbar ist».

Züger versteht den Biomilch­import als Notlösung

«Die ganze Branche war über unser Vorhaben informiert», entgegnet Claudia Kuratli, Leiterin Marketing bei Züger. «Wir haben der Oberzolldirektion beweisen können, dass in der Schweiz keine Biomilch in genügender Menge und zu marktüblichen Preisen vorhanden ist.» Kuratli: «Wir müssen Biomilch importieren, damit wir wichtige Aufträge im Export nicht verlieren.»

Züger versteht den Biomilch­import als Notlösung. Sobald wieder genügend Milch von Biobauern in der Schweiz zur Verfügung steht, will man auf deutsche Biomilch verzichten.

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