Wegen Bürokratie-Irrsinn in Deutschland
Felgen bleiben am Zoll hängen

Wer sein geliebtes Auto in Deutschland mit vier neuen Alufelgen veredeln will, der muss eine hohe Kaution bezahlen. Das irritiert Schweizer Kunden. Und erzürnt deutsche Händler. Sie fordern eine Sonderregelung für den süddeutschen Raum.
Publiziert: 04.04.2018 um 09:40 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:33 Uhr
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Georg Frohm, Geschäftsführer vom Autohaus Waser in Waldshut-Tiengen, nervt sich über die neue Regelung.
Foto: Stefan Bohrer
Patrik Berger

Schweizer Auto- oder Töfffahrer, die ihr Fahrzeug in eine Werkstatt im grenznahen Deutschland bringen, sind irritiert. Seit dem 1. Januar ist nichts mehr wie früher. Der deutsche Zoll setzt das Verfahren der sogenannten «Aktiven Veredelung» strikt durch. Das hat Folgen. Für rund 800 Werkstätten im grenznahen Raum. Und für die Schweizer Kunden.

Ein Beispiel: Wer sich jenseits des Rheins einen Satz Alufelgen aufziehen lässt, einen Spoiler oder eine Anhängerkupplung montiert, der muss nun einen bürokratischen Hürdenlauf absolvieren. Er muss dem Zoll melden, was er an seinem Auto machen lässt. In einem komplizierten Formular muss er den exakten Fahrzeugtyp und das gewünschte Zubehör samt Seriennummer angeben. 

Dann macht der deutsche Zoll die hohle Hand und will eine saftige Kaution: Zehn Prozent des aktuellen Fahrzeugwertes und 19 Prozent Umsatzsteuer – und zwar in bar. Wer die Anmeldung «vergisst», der kann strafrechtlich belangt werden. 

Zoll will eigentlich gegen Autoschmuggler vorgehen

Entscheidend ist, ob das Fahrzeug in Deutschland eine Wertsteigerung erfährt. Einen Freibetrag gibt es nicht. Schon der erste Euro Mehrwert zählt. Mit dieser drastischen Massnahme soll verhindert werden, dass Autos aus der Schweiz in Deutschland verkauft werden, ohne die Umsatzsteuer bei der Einfuhr zu bezahlen. Ursprünglich wollte man mit der Regelung gegen Autoschmuggler aus dem Balkan vorgehen. 

«Das Ganze ist ein fürchterliches Bürokratiemonster. Der Kunde ist mit dem Ausfüllen des dreiseitigen Formulars überfordert», sagt Georg Frohm (32) zu BLICK. Er ist Geschäftsführer des Autohauses Waser in Waldshut-Tiengen (D). «Wer kann schon 29 Prozent des Fahrzeugwertes beim Zoll bar auf den Tisch legen?»

Das Autohaus Waser nimmt den Kunden das nervige Prozedere ab. «Sonst kommen die Schweizer Kunden bald gar nicht mehr und wir verlieren 20 bis 30 Prozent des Umsatzes. Kleine Autohäuser können das aber nicht, ich erhalte immer wieder Anrufe von verzweifelten Kollegen», so Frohm.

Verunsicherung bei 800 Garagisten ist gross

Dem stimmt Uwe Böhm (54) von der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee zu. «Besonders kleine Autohäuser trifft es hart, sie leiden am meisten. Sie sind gar nicht so liquid, dass sie die Kautionen ihrer Kunden übernehmen könnten. Oft geht es da um mehr als einen Monatsumsatz», weiss er. 

800 Firmen im grenznahen Raum sind betroffen. «Die Verunsicherung ist gross. Darunter sind Autohäuser, die bis zu 80 Prozent ihres Umsatzes mit Schweizer Kunden machen», sagt Böhm. «Die Sache mit der Kaution ist weder kunden- noch gewerbefreundlich. Schliesslich geht es darum, grenzüberschreitend Geschäfte abzuschliessen, nicht solche zu verhindern.»

Man könne die EU-Aussengrenze zur Schweiz nicht mit jener zu Weissrussland vergleichen. «Kein Schweizer, der sich in Deutschland schöne Alufelgen kauft, wird sein Auto hier verkaufen.»

Deshalb ruft er die Politik zum Handeln auf. In diesen Wochen treffen sich die wichtigsten Akteure zu einem runden Tisch. «Wir fordern eine Vereinfachung des Verfahrens, etwa durch monatliche Sammelanmeldungen, oder dass die Kaution auf null runtergesetzt wird.»

Keine Überraschungen bei Schweizer Garagisten

Aus Sicht der deutschen Werkstättenbetreiber ist eine solche Regelung dringend nötig. Einheimische Garagisten reiben sich derweil ob der neuen Regelung die Hände. Vielen Kunden, die ihr Auto bislang nach Deutschland brachten, ist das neue Prozedere zu nervig. Sie werden über kurz oder lang wieder in die Schweiz zurückkehren.

Markus Peter (40), Leiter Technik & Umwelt beim Auto Gewerbe Verband Schweiz (AGVS), sagt zu BLICK: «Bei Schweizer Garagisten erhalten die Kunden alles aus einer Hand. Dies spart Zeit und beugt unangenehmen Überraschungen am Zoll vor.»

Eugen Engeler (65), Präsident des Auto Tuning Verbandes Schweiz (ATVSL), hält ebenfalls wenig von der neuen Regelung des deutschen Zolls. «Das ist reine Schikane», sagt Engeler. Er glaubt, dass Schweizer Tuning-Fans wieder vermehrt Schweizer Garagisten aufsuchen. Tuning in Deutschland lohne sich sowieso nicht mehr. «Die Preisunterschiede bei seriösen Firmen sind vernachlässigbar klein», sagt Engeler.

So läuft der Bürokratie-Irrsinn

Ein Schweizer möchte an seinem Honda Civic Type R in Deutschland 19-Zoll-Alufelgen montieren lassen. Laut Voranschlag kosten ihn Felgen mit Montage 2058 Euro. Beim Zoll muss er die geplante Veredelung anmelden. Folgende Sicherheitsleistung muss er hinterlegen (abhängig vom Fahrzeugwert – im Rechenbeispiel 38'000 Euro): stolze 11'020 Euro!

Diese setzen sich aus zehn Prozent Zoll-Gebühren (3800 Euro) und 19 Prozent Zoll-Umsatzsteuer (7220 Euro) zusammen. Mit den neuen Rädern fährt er wieder zum Zoll, wo ein Beamter die Räder kontrolliert. Bei einem Okay bekommt er die Kaution zurück.

Ein Schweizer möchte an seinem Honda Civic Type R in Deutschland 19-Zoll-Alufelgen montieren lassen. Laut Voranschlag kosten ihn Felgen mit Montage 2058 Euro. Beim Zoll muss er die geplante Veredelung anmelden. Folgende Sicherheitsleistung muss er hinterlegen (abhängig vom Fahrzeugwert – im Rechenbeispiel 38'000 Euro): stolze 11'020 Euro!

Diese setzen sich aus zehn Prozent Zoll-Gebühren (3800 Euro) und 19 Prozent Zoll-Umsatzsteuer (7220 Euro) zusammen. Mit den neuen Rädern fährt er wieder zum Zoll, wo ein Beamter die Räder kontrolliert. Bei einem Okay bekommt er die Kaution zurück.

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