Bei diesem Angebot kann Annalena K.* (55) nicht widerstehen: Sie bestellt im Onlineshop zurich-collection.ch zwei Kleider-Sets in Schwarz und Pink, jeweils bestehend aus Oberteil und Hose. K. möchte aus beruflichen Gründen anonym bleiben. «Der tiefe Preis für vier Kleidungsstücke hat mich zuerst etwas stutzig gemacht. Doch die Homepage sah sehr professionell aus», sagt sie zu Blick.
Der Shop gibt auf der Homepage als Firmenstandort passend zum Firmennamen Zürich an. Er verfügt auch über einen Instagram-Kanal, auf dem er die Produkte anpreist. Doch der Hochglanz-Auftritt täuscht.
K. begleicht die Rechnung direkt bei der Bestellung über die Bezahl-App Twint. 107.98 Franken. «Aus Versehen habe ich den Betrag doppelt überweisen, die eine Zahlung aber sofort wieder zurückerhalten», sagt K. Ab da fühlt sie sich sicher. Welcher Betrüger würde schon Geld zurückgeben?
Kundendienst vertröstet K.
Bestellt hat sie die Ware Anfang Oktober, ein Kleiderset will sie an Weihnachten anziehen. Sie fragt mehrfach per Mail nach, wie es um die Lieferung steht. «Wir möchten Ihnen mitteilen, dass Ihr Produkt bereits versandt wurde. Leider hatten wir es mit unvorhergesehenen Umständen beim Kurierdienst zu tun, die zu einer Verzögerung der Lieferung geführt haben. (...)», schreibt ihr ein gewisser Luca vom Kundendienst in einer der Antworten. Das war Ende November. Die Mail, die Blick vorliegt, enthält gar einen Tracking-Code für die Bestellung. Der habe aber nicht funktioniert, so K.
Sie beginnt, Verdacht zu schöpfen, und findet die Firma auf der Bewertungswebsite Trustpilot. Dort sind seit Dezember acht Einträge zu zurich-collection entstanden, in denen der Shop durchweg als Betrug deklariert wird. «Achtung, bezahlte Ware wurde nie geliefert» oder «Fake», sagen andere Opfer.
Firma gibt es nicht
Eine Online-Überprüfung zeigt: Es gibt keine Firma, die unter dem Namen zurich-collection eingetragen ist. Auch die Webseite ist inzwischen nicht mehr aufrufbar. Der Shop sei momentan nicht verfügbar, heisst es. Eine Blick-Anfrage an die Firmen-E-Mail läuft ebenso ins Leere.
Recherchen zeigen zudem, dass die Betrüger immer wieder ähnlich lautende Internetseiten mal mit, mal ohne Bindestrich oder mit .com-Endung hochschalten. Dann wird wieder abgezockt, bis die Meldungen für die Seite zunehmen und sie womöglich gesperrt wird.
K. will Anzeige erstatten
Auch die Cybercrime-Abteilung der Kantonspolizei Zürich geht auf Anfrage davon aus, «dass es sich hierbei mit grösster Wahrscheinlichkeit um betrügerische Internetshops handeln dürften.» In solchen Fällen erhalten Kunden irgendwelche Billigwaren aus dem asiatischen Raum oder überhaupt keine Ware.
Die Kantonspolizei warnt auf ihrer Homepage vor dubiosen Online-Shops: Bei unrealistischen Preisen, anonymen Kontaktformularen, fehlendem Impressum, willkürlichen Domain-Namen oder fehlerhafter Rechtschreibung sollten die Alarmglocken läuten. Wer bereits mit seiner Kreditkarte bezahlt hat, kann das Finanzinstitut kontaktieren und eine Rückforderung der Zahlung prüfen.
Ist wie im Fall von K. ein finanzieller Schaden entstanden, kann bei der Kantonspolizei Anzeige erstattet werden. Das hat K. nun vor. Auch wenn der finanzielle Schaden verschmerzbar sei. «Solche Betrüger sollte man nicht einfach davonkommen lassen. Und vielleicht kann ich auf diese Weise andere vor dem gleichen Schicksal bewahren», sagt sie.
*Name der Redaktion bekannt