Viele Reiseländer haben genug vom Massentourismus. Deshalb empfehlen Schweizer Veranstalter:
Stehen Sie für einmal abseits!

Europaweit häufen sich Proteste gegen touristische Auswüchse. Zwei Schweizer Reisebüro-Chefs erklären, was sie davon halten – und was sie dagegen unternehmen.
Publiziert: 13.08.2017 um 16:05 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 07:47 Uhr
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Sprayereien gegen Touristen in der nordspanischen Stadt Oviedo.
Foto: Keystone
Moritz Kaufmann

Gastfreundschaft geht anders: Vor zwei Wochen attackierten Maskierte in der spanischen Mittelmeer-Metropole Barcelona einen Touristen-Bus.

Tage später schwappten die Anti-Touristen-Proteste auf die Ferieninsel Mallorca über. Hunderte Mietautos wurden mit Slogans beklebt wie: «Dieses Auto ist zu viel» oder «Tourismus tötet Mallorca». Und für Donnerstag ist eine Kundgebung im nordspanischen San Sebastián angesagt.

Gegen den Massentourismus regt sich auch in anderen Ländern Widerstand. Demonstriert wurde auch in Rom oder Venedig. «Anti-Tourismus-Märsche weiten sich auf ganz Europa aus!», titelte der britische «Guardian».

«Die Kehrseite des Spanien-Booms»

Der Aufstand ist den Schweizer Reisebüro-Chefs nicht entgangen. Es ist auch ihre Klientel, die den Ärger unter den Einheimischen provoziert. «Wenn auf Mallorca oder in Barcelona ‹Tourist go home› an die Wände gesprayt wird, dann betrübt mich das natürlich. Das ist die Kehrseite des Spanien-Booms», sagt ­Thomas Stirnimann (55), CEO der Hotelplan Group, einem Migros-Tochterunternehmen. Stirnimann: «Mallorca hat 12,5 Millionen Touristen. Das ist massiv. Die Insel versucht nun, höherklassiger zu werden. Aber das ist nicht so einfach.»

Tui-Schweiz-CEO Martin Wittwer (54) ist ein Kenner der Baleareninsel: «Ich habe eine Wohnung auf Mallorca und kann mir persönlich ein Bild der Lage machen», sagt er zu SonntagsBlick. Er habe nicht das Gefühl, dass die Insel überfüllt sei. «Klar, an einzelnen Orten sind die Strände im Hochsommer während der Saison voll», so Wittwer. Aber es gebe immer noch ruhige Orte auf der Mittelmeer-­Insel.

Experte rät zu Spezialitäten und Entdeckungen

Die Schweizer Reisebüro-Barone geloben aber, die Situation ernst zu nehmen. «Reisen ist ein ‹Menschenrecht›», sagt Hotelplan-Chef Stirnimann. Er sei aber stolz darauf, nicht nur Massentourismus zu organisieren. Und rät, einmal abseits der Zentren zu reisen: «Wir haben auch viele Spezialitäten im Angebot und bieten Entdecker-Reisen und hochklassige Individualreisen an.»

Tui-Schweiz-Chef Wittwer verweist derweil auf die Leistungen seiner Hotels vor Ort. «Tui unterstützt Mallorca dabei, einen qualitativ höheren Tourismus zu entwickeln. Unsere eigenen TUI-Hotels haben beispielsweise hohe ökologische Standards und wir sensibilisieren unsere Kunden.»

Zudem stehe man in Kontakt mit den Behörden. Die Regierung denke über die Festsetzung von Höchstzahlen nach. Wittwer: «Wir beteiligen uns natürlich an der Diskussion.» Möglicherweise ist es für Diskussionen aber bereits zu spät.

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