Viele Betriebe haben keine Zukunft mehr
Bergbahnen kranken am Frankenschock

Schweizer Skigebiete kämpfen wegen der Frankenstärke ums Überleben. Einige Gebiete setzen deshalb auf einen neuen Wintertourismus.
Publiziert: 15.01.2017 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 19:08 Uhr
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Neustart nach dem Konkurs: Die Seilbahn Lungern-Turren im Kanton Obwalden setzt auf alternativen Wintertourismus.
Foto: Thomas Meier
Cyrill Pinto

Die Besucher der Seilbahn Lungern-Turren (LTB) haben es komfortabel: Die neue Gondel ist mit einem Laminat in edler Parkettoptik ausgelegt, die Sitze sind mit echtem Leder bezogen. Die Fenster haben Doppelverglasung. Auf der rund fünfminütigen Fahrt von Lungern OW hinauf nach Turren soll kein Kratzer die Sicht trüben. «Wir wollen unseren Gästen etwas bieten», sagt Paul Käslin (40), stellvertretender Betriebsleiter der Seilbahn. Oben angekommen, wartet ein markierter Trail auf Schneeschuhwanderer, für Winterwanderer steht ein präparierter Weg bereit. Im Sommer sind viele Wanderer und Biker zwischen Turren und Schönbüel unterwegs. 22'000 Gäste hat die Seilbahn seit ihrem Neustart befördert – 50'000 sollen es in den nächsten Jahren sein.

Zwei Mal in drei Jahren in Konkurs

Noch vor drei Jahren war die Region ob Lungern ein Skigebiet mit einem Sessellift und zwei Skiliften. Doch die Skifahrer wurden immer weniger, die laufenden Kosten blieben hoch. Zwei Mal in drei Jahren machte die Bergbahn Konkurs, zwei Jahre stand die Seilbahn still. Im letzten April wagte ein neues Team mit einem Investor aus der Region den Neustart. «Der klassische und sehr kostenintensive Wintertourismus ist für uns Schnee von gestern», sagt Paul Käslin.

Immer mehr Bahnen in der Schweiz gehen diesen Weg. Zwei Drittel der Seilbahnen können sich die Erneuerung ihrer Bahnen oder Schneekanonen nicht mehr selber leisten. Grund für die schlechte finanzielle Lage ist die starke Schweizer Währung. «Wir sehen die Frankenstärke als Haupttreiber für den Ertragsrückgang», sagt Andreas Keller vom Branchenverband Seilbahnen Schweiz zu SonntagsBlick.

Ein Viertel weniger Gäste in acht Jahren

Die Zahlen, die der Verband vorlegt, zeigen eindrücklich die Koppelung des Frankenkurses an die Zahl der gefahrenen Skitage. Seit 2008 nahm die Zahl der schweizweit verbuchten Skitage im gleichen Ausmass ab, wie sich der Franken zum Euro verteuerte. Im Vergleich zu den Hauptkonkurrenten Österreich und Frankreich wird der Preisunterschied besonders deutlich. «Seit 2008 haben die Seilbahnen im Winter rund 25 Prozent ihrer Gäste verloren», so Keller.

Jürg Stettler, Tourismus-Experte von der Hochschule Luzern weiss: «Der Druck auf die Bahnbetreiber ist enorm.» Nur wenige seien profitabel, doch alle Bahnen müssten in die Infrastruktur investieren. «Und der starke Franken macht die Lage auch nicht einfacher», so Stettler.

Dabei trifft es auch mittelgrosse Destinationen wie die Torrent-Bahnen bei Leukerbad VS. Die Bahngesellschaft ist seit Januar 2015 in Nachlassstundung. Mit den Gläubigern wurde nun ein Sanierungsplan ausgearbeitet. Selbst Primarschüler sammelten im Sommer Geld, um die nötigen 4,6 Millionen Franken zusammenzubringen.

Alternative zum teuren Wintertourismus

Andere Bahnen, wie etwa die Stockhornbahnen im Berner Oberland, haben sich schon länger aus dem teuren Skitourismus zurückgezogen. Wintergäste übernachten hier im Iglu, fischen im zugefrorenen Bergsee oder fahren zum Moonshine Dinner ins Panoramarestaurant – mit Erfolg. «Für uns war der alternative Wintertourismus der richtige Weg», so Stockhorn-CEO Alfred Schwarz.

Andere Skigebiete sind für die Region zu wichtig, als dass sie aufgegeben werden könnten. Hier springt die öffentliche Hand mit Geld ein, weiss Experte Stettler. Langfristig sei das keine Lösung: «Kurz- und mittelfristig ist es aus Sicht eines Ortes oder einer Region aber besser als die Stilllegung.»

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