3000 Demonstrierende ziehen durch Zürich
0:56
Mehr Rechte für Bauleute:3000 Demonstrierende ziehen durch Zürich

Vermummte, Randale und Fake News
Gewerkschaften und Baumeister gehen in den Kampfmodus

Der Konflikt im Bauhauptgewerbe spitzt sich zu: Die Gewerkschaften und die Baumeister verhandeln mit immer härteren Bandagen um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag. Am Montag sitzen die Streithände für die nächste Verhandlungsrunde zusammen. Kann das gut gehen?
Publiziert: 09:50 Uhr
|
Aktualisiert: 09:56 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/7
Die Protest-Welle der Büezer ist in Zürich angekommen.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Protest-Welle der Bauarbeiter erreicht Zürich
  • Verhandlungen für neuen Gesamtarbeitsvertrag werden hitziger
  • Gewerkschaften und Baumeisterverband werfen sich gegenseitig Verbreitung von Fake News vor
  • Baumeister fordern 25 Prozent Lohnabschlag für Berufseinsteiger
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_377.JPG
Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Die Protestwelle der Büezerinnen und Büezer auf dem Bau erreicht Zürich. Zwei Einsatzkräfte der Spezialeinheit halten sich im Hintergrund auf. Vor dem Eingang zum Kanzleiareal stehen Polizeieinheiten des Dialogteams in Zivil mit gelben Leuchtwesten. «Kommunikation ist die stärkste Waffe», lautet das Motto der Einheit. Wie mächtig Worte sind, weiss man auch bei den Gewerkschaften Unia und Syna.

Nico Lutz (54) steht auf dem Podium im Zelt auf dem Kanzleiareal und stimmt die Bauarbeiter ein. «Die Baumeister wollen, dass ihr noch mehr arbeitet, und das zu einem tieferen Lohn», sagt er mit mikrofonverstärkter Stimme. Buhrufe und Trillerpfeifen ertönen. Einmal wird es ohrenbetäubend laut.

Unpopuläre Forderungen der Baumeister

Im Bauhauptgewerbe sind die Verhandlungen für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag hitziger als in jeder anderen Branche. Auch aufseiten des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV) hat man zuletzt rhetorisch grosse Geschütze aufgefahren. Von «gewaltsamen Ausschreitungen» während der Streiktage auf Baustellen in Basel, Bern und im Aargau hat man gesprochen. Bilder des Baumeisterverbands zeigen durchgeschnittene Kabel. Auch von vermummten Schlägertrupps in den Reihen der Demonstranten ist die Rede. Die Unia hält dagegen, dass Bauarbeiter eingesperrt und so an der Demo-Teilnahme gehindert würden. Beide Seiten werfen sich vor, Fake News zu verbreiten.

Die rhetorische Gegenoffensive des Baumeisterverbands liegt auf der Hand: Für den Verband ist es viel schwieriger, mit den Wünschen der Unternehmen nach Aussen hin Sympathien zu gewinnen. So argumentiert der Verband, die längeren Arbeitszeiten in intensiven Bauphasen könnten mit mehr Familienzeit in ruhigeren Phasen kompensiert werden. Oder er fordert mehr Flexibilität für Einsätze an Samstagen oder tiefere Einstiegslöhne für junge Maurer. Da steht man leicht als Buhmann da.

«Jetzt soll die Büez noch strenger werden»

Die Bauunternehmen unterliegen saisonalen und konjunkturellen Schwankungen. So kann mal mehr, mal deutlich weniger Arbeit anstehen. Darauf möchten die Unternehmen flexibler reagieren können. Auf Unternehmerseite gibt es auch denn Wunsch, die Büezer bei Hitze oder Regen früher heimschicken zu können und dafür die verlorene Zeit etwa an einem Samstagmorgen nachzuholen – und jetzt wird es wieder unpopulär: ohne den bisherigen Lohnzuschlag von 25 Prozent. Schliesslich würden die Gewerkschaften selbst hitzefreie Tage verlangen.

Die Gewerkschaften sehen in diesen Wünschen eine deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. Die Büezer hätten dann noch weniger Zeit für ihre Familien und ihr Privatleben. «Es herrscht Fachkräftemangel und viele Bauarbeiter verlassen die Branche, weil die Belastung zu gross ist und jetzt soll die Büez noch strenger werden», sagt Nico Lutz an der Demo am Freitag in Zürich.

Der Knatsch um die Löhne

Auch die Forderung, die Maurerlöhne direkt nach der Ausbildung zu senken, lässt die Vertreter der Gewerkschaften schäumen. Heute gibt es auf diese Löhne zwischen 5600 und knapp 6000 Franken in den ersten drei Jahren einen Abschlag von anfangs 15 Prozent. Das Argument der Baumeister: Junge Berufsleute sind bei den hohen Mindestlöhnen in den ersten Jahren sonst gar nicht rentabel. Neu soll der Abschlag jedoch für fünf Jahre gelten und zu Beginn ein Viertel des Lohns betragen. Das sehen teils auch Unternehmer kritisch.

Doch bei den Verhandlungen auf dem Bauhauptgewerbe gehen jeweils beide Lager mit Maximalforderungen an den Start – und beide wissen, dass sie damit nicht durchkommen werden. Erste kleine Annäherungen soll es gegeben haben.

Am Montag findet die nächste Verhandlungsrunde zwischen den Gewerkschaften und dem SBV statt. Findet man keinen gemeinsamen Nenner, droht im neuen Jahr erstmals seit zehn Jahren ein vertragsloser Zustand.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Externe Inhalte
      Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
      Meistgelesen