BLICK: Frau Weber, was ist seit dem sensationellen Abstimmungssieg vor fünf Jahren alles passiert?
Vera Weber: Wir wurden von einer Lawine von Baugesuchen überrollt. Die Investoren wollten Zweitwohnungen auf Vorrat bauen, solange sie noch konnten. Wir haben mit Einsprachen und Rekursen dagegen gekämpft, das war unsere Verantwortung. Wir haben über 1000 neue Zweitwohnungen verhindert.
Hat die Initiative ihr Ziel erreicht?
Nicht zu hundert Prozent. Es werden jetzt sicher weniger Zweitwohnungen gebaut. Das Gesetz hat eine starke Wirkung. Aber bei der Ausarbeitung des Gesetzes mussten wir viele Kröten schlucken. Zum Glück konnte ich mit der SVP und der FDP einen Kompromiss aushandeln und so die schlimmsten Ausnahmen streichen. Jetzt haben wir ein akzeptables Gesetz.
Gerade wegen Ihrer Initiative kam es zum Bauboom.
Der hielt sich in Grenzen – dank unserer Einsprachen. Abgesehen vom Wallis hat sich die Situation in den meisten Tourismusregionen heute eingependelt.
Zahlreiche Bauarbeiter haben den Job verloren. Nicht nur im Wallis, sondern auch in Graubünden.
In vielen Regionen war die Bauwirtschaft nur auf Zweitwohnungen ausgerichtet. Aber der Boden ist endlich. Diese Umstrukturierung wäre früher oder später sowieso gekommen. Schliesst sich die eine Tür, geht anderswo eine auf.
Braucht es überhaupt noch Zweitwohnungen?
Nein. Die jungen Generationen reisen immer mehr und wollen nicht immer am gleichen Ort Ferien machen. Einen Winter wollen sie ins Wallis, dann ins Engadin, im Jahr darauf vielleicht nach Österreich.
Im Nachhinein hätte es Ihre Initiative gar nicht gebraucht?
Doch, um unsere Landschaften und Tourismusgebiete zu bewahren. Denn Zweitwohnungen werden in den nächsten 20 bis 30 Jahren wahrscheinlich noch gefragt sein.
Vera Weber (42) ist Präsidentin der Franz-Weber-Stiftung, die ihr Vater gegründet hat. Sie leitete die Abstimmungskampagne. Franz Weber, während Jahrzehnten unermüdlicher Umweltaktivist, wird dieses Jahr 90. Er lebt in einer Seniorenresidenz und leidet an Alzheimer.