Eine weitverbreitete Annahme lautet: Das Schweizer Gesundheitswesen ist teuer, aber gut. Welche Qualitäten es tatsächlich hat und wo Verbesserungspotenzial besteht: Dazu fehlen die Informationen! Nach wie vor gleichen ganze Sparten dieses lebenswichtigen Systems einer Blackbox.
Es beginnt mit den ambulanten Leistungen der Ärzte. «Ambulant» bedeutet, dass der Patient am gleichen Tag nach Hause darf. Der grösste Teil der Krankenkassenkosten – rund neun Milliarden Franken – wird dafür aufgewendet. Das Problem: Niemand erfasst, ob die Ärzte gute Arbeit leisten oder nicht. Patienten sind daher gezwungen, sie nach Sympathie, Hörensagen oder zweifelhaften Onlinerankings auszuwählen. Andere Möglichkeiten stehen schlicht nicht zur Verfügung.
Nicht alle gemessenen Daten sind öffentlich
Besser sieht es bei den stationären Spitalaufenthalten aus, also wenn bei einem Eingriff mindestens eine Nacht im Krankenhaus notwendig wird. Dafür gibt es einen Qualitätsvertrag: Alle Akut-, Psychiatrie- und Rehakliniken führen Qualitätsmessungen durch, die zum Teil sogar veröffentlicht werden. Bloss: Sanktionen für ungenügende Leistungen existieren nicht.
Der dritte Bereich sind Behandlungen, die ambulant in einem Spital durchgeführt werden. Wie viele Operationen sind erfolgreich? Wie viele schlagen fehl? Obwohl dieser Bereich mit rund sechs Milliarden Franken zu Buche schlägt, mangelt es auch hier an Informationen. Allerdings gibt es Bestrebungen, die Qualitätsmessungen für den stationären Bereich auch im ambulanten einzuführen.
Ob und wo solche Messungen stattfinden, ist willkürlich geregelt, auch, welche Informationen dann publik gemacht werden. So kennen beispielsweise Apotheken sogenannte Mystery-Shoppings – also Testkäufe. Die Resultate werden aber nicht öffentlich. Für Physiotherapeuten wiederum – sie sind für rund drei Prozent der Krankenkassenkosten verantwortlich – gibt es keinerlei Qualitätsmessung.
Anbieter wehren sich gegen mögliche Sanktionen
Für die Politik ist die Qualität der Medizin ein Reizthema. Eigentlich verlangt das Gesetz schon seit 20 Jahren mehr Informationen. Der Nationalrat legte im vergangenen Sommer sogar fest, dass Ärzte, Spitäler und weitere Leistungserbringer mit den Krankenkassen gesamtschweizerische Verträge abschliessen sollen. Einerseits, um damit die Qualität der medizinischen Leistung zu messen. Andererseits sollen Massnahmen festgelegt werden, um die Qualität zu steigern. Wer nicht mitmacht, soll bestraft werden.
Das finden selbstverständlich nicht alle Anbieter gut. Vor allem mögliche Sanktionen sind umstritten. Derzeit hängt das Geschäft im Ständerat.
Auf verlässliche Zahlen warten die Patienten also wohl noch lange. Zahlen müssen sie ja sowieso.