Hätte, wäre, würde – kaum ein Anleger, der sich nicht regelmässig über verpasste Chancen ärgert. Doch nirgends dürfte der Ärger grösser sein als bei der Aktie von Magazine Luiza. Sie ist gemäss einer Analyse der Beratungsfirma Boston Consulting Group nämlich die weltbeste Aktie. Wer vor fünf Jahren investierte, kann sich heute über einen grossen Gewinn freuen. Die Aktie hat seit September 2015 fast 20'000 Prozent an Wert gewonnen, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung».
Viel Gewinn floss dabei an die Besitzer der Detailhandelskette. Über eine Holding hält die Familie der Verwaltungsrätin Luiza Helena Trajano (67) zwei Drittel der Aktien. Das Vermögen von Trajano beträgt laut «Forbes» rund 2,4 Milliarden Franken. Gegründet hat Magazine Luiza ihre Tante in der Kleinstadt Franca nördlich von São Paulo.
Ein Pionier im Online-Geschäft
Trajano selbst begann bereits mit zwölf Jahren ihre Unternehmerkarriere. Sie verkaufte für ihren Onkel Waschmaschinen. Ihr Verkaufstalent stellte sie dann bei Magazine Luiza unter Beweis und machte das Unternehmen aus der Pampa zum Grosserfolg. Denn während Magazine Luiza hierzulande kaum jemandem ein Begriff sein dürfte, ist die Kette in Brasilien inzwischen ein Grossunternehmen mit über 900 Filialen und 26'000 Mitarbeitern. Das Motto von Trajano: «Verkaufen ist mein Geschäft.»
Schon früh setzte Magazine Luiza auf das Online-Geschäft. 1999 eröffneten digitale Verkaufsläden. Dort konnten Kunden auf Computerbildschirmen Produkte aussuchen, die sie kaufen wollen. Um die Kunden an sich zu binden, bietet das Unternehmen auch Gratis-Kurse und Vorträge an. Die Zielgruppe ist die untere Mittelschicht. Magazine Luiza profitiert wie andere brasilianische Aktien-Top-Performer davon, dass viele Brasilianer ein Smartphone besitzen und ihre Online-Affinität gross ist.
Wer Rendite liefert, bekommt Boni
Bis heute werden Verkäufer zum grossen Teil über Boni bezahlt. Diese richten sich danach, was sie verkaufen. Je mehr Rendite ein Produkt einbringt, desto höher der Zusatzverdienst. Die Mitarbeiter sehen nicht nur, was sie selbst verkaufen und wie viel Rendite sie generieren, sondern auch, wie es bei den Kollegen läuft. Ein System, das zwar Transparenz schaffe, aber auch den Wettbewerbsdruck der Mitarbeiter untereinander erhöhe, so die «NZZ». Offenbar ist das aber kein allzu grosses Problem, das Unternehmen zählt zu den beliebtesten Arbeitgebern Brasiliens.
Magazine Luiza ist im wahrsten Sinn des Wortes ein Lehrstück in Sachen Unternehmertum und Digitalisierung. Die renommierte Harvard Business School erforscht ihren Erfolg seit Jahren. 2017 gabs von der Beratungsfirma EY den Preis als Welt-Familienunternehmen.
Die nächste Generation ist bereits am Ruder. Fred Trajanos (43) hat vor vier Jahren den CEO-Job von seiner Mutter übernommen. Bereits seit 19 Jahren ist er im Unternehmen tätig und treibt die Digitalisierung stetig voran. Optimistisch für die Zukunft sind auch Credit-Suisse-Analytiker. Magazine Luiza werde die «Apokalypse im Detailhandel» überleben, als eines von nur sieben Unternehmen auf der ganzen Welt. (jfr)