Nach wie vor dürfen Einkaufstouristen aus der Schweiz weiterhin in Teilen Deutschlands posten – je nach kantonaler Herkunft auch ohne negativem Corona-Test. Doch das Bummeln im Nachbarland bleibt vermehrt aus. Der Einkaufstourismus ist in den letzten Wochen fast auf das Niveau des Lockdowns im März eingebrochen.
Das geht aus einem Bericht im «Tages-Anzeiger» hervor, der sich auf Daten des Projekts «Monitoring Consumption Switzerland» der Universität St. Gallen (HSG) bezieht. Demnach zahlten Schweizer in der letzten Oktober-Woche 15 Millionen Franken mit ihrer Debitkarte in Deutschland. Zwei Wochen vorher waren es noch 25 Millionen Franken. Die Wissenschaftler werteten hierfür die Zahlungsdaten von Schweizer Debitkarten aus.
Eigentlich sind die Grenzen offen
Der plötzliche Shopping-Einbruch kommt gleichzeitig mit dem drastischen Anstieg der Corona-Zahlen in beiden Ländern. Das weckt Erinnerungen an den Lockdown im März. Damals waren die Grenzen im Gegensatz zu heute allerdings komplett geschlossen.
Allein im Lebensmitteldetailhandel wurden während dem ersten Lockdown Umsatzrückgänge zwischen 30 und 60 Prozent festgestellt. Wiederholt sich der Vorgang? «Viele Menschen wissen wohl gar nicht von den Ausnahmeregelungen in Baden-Württemberg und haben nur die grosse Schlagzeile gelesen, dass die Schweiz in Deutschland neu als Risikoland gilt», sagt HSG-Ökonom Matthias Fengler (48) gegenüber der Zeitung.
Trotz Sonderregelung für Schweizer Einkaufstouristen
Seit dem 22. Oktober steht die Schweiz in Deutschland auf der Risikoliste. Aber das Land Baden-Württemberg hat eine Ausnahmeregelung festgelegt. Schweizer aus Grenzkantonen dürfen hier wie gewohnt tagsüber zum Posten hinfahren – wenn sie innert 24 Stunden wieder Deutschland verlassen benötigen Einkaufstouristen keinen negativen Corona-Test.
Das bedeutet konkret: Schweizer, die aus die Kantone Appenzell, Aargau, Basel, Basel-Landschaft, Jura, Schaffhausen, Solothurn, St. Gallen, Thurgau und Zürich kommen, dürfen ein- und ausreisen.
Auch ein Grund für den ausbleibenden Einkaufstourismus aus der Schweiz: Nur die Geschäfte sind offen. Restaurants und Cafés sind derzeit in Deutschland vom Lockdown betroffen und bleiben zu.
Menschen bleiben wegen Corona zu Hause
Der HSG-Ökonom Fengler ist überzeugt: Die hohen Corona-Fallzahlen machen den Menschen angst. «So wie der Konsum in den Schweizer Innenstädten zurückgeht, mag dies auch auf den Einkaufstourismus Auswirkungen haben», sagt er. «Schliesslich ist ein Ausflug nach Deutschland weit mehr als nur ein normaler Supermarkteinkauf.»
Schweizer Detailhändler dürften die neusten Entwicklungen aber freuen. Während des letzten Lockdowns konnten sie viel mehr Umsatz generieren, weil kaum Kaufkraft nach Deutschland abgeflossen ist. Sowieso entwickelt sich der Detailhandel erfreulich. Laut aktuellen Zahlen des Marktforschungsinstituts GfK liegen die Umsätze hiesiger Detailhändler in den ersten neun Monaten dieses Jahres fast 7 Prozent im Plus im Vergleich zum Vorjahr.