Tieflöhne in der reichen Schweiz
So leiden die Betroffenen

In der Schweiz arbeiten viele Menschen, die trotz Vollzeitjob finanziell auf keinen grünen Zweig kommen, oft weniger als 4000 Franken im Monat verdienen. Einige haben sich bei BLICK gemeldet und über ihr Schicksal geklagt.
Publiziert: 19.07.2019 um 23:41 Uhr
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Aktualisiert: 30.07.2019 um 16:40 Uhr
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Von Tieflöhnen sind vor allem Frauen betroffen: 17 Prozent aller arbeitenden Frauen müssen mit einer Tieflohnstelle vorliebnehmen.
Foto: Keystone
Christian Kolbe

Markus Huber* (59) hat genug, meldet sich bei BLICK, um seine Geschichte zu erzählen. «Wir sind die Geschundenen», sagt er am Telefon. «Mein Arbeitgeber zahlt nur das Minimum.» Huber bekommt nur knapp 3600 Franken netto pro Monat ausbezahlt. Und das bei einer Vollzeitanstellung: «Bei diesem Lohn fühle ich mich verarscht und ausgebeutet», erzählt Huber. 

Der gelernte Maschinenmechaniker arbeitet als Betriebsmitarbeiter bei einem kleinen Industriebetrieb im Kanton Aargau. Aus Angst, den Job zu verlieren, möchte er seinen Namen nicht in der Zeitung lesen.

Mit diesem Lohn lebe er eher schlecht als recht, antwortet der Alleinstehende auf die Frage nach seinen Lebensumständen. Das geht nur, weil er auf dem Land wohnt und ein kleine Wohnung hat. Immerhin: Huber weiss, was er Ende des Monats bar auf die Hand bekommt, auch wenn es ein Tieflohn ist.

3000 Franken Grundlohn

Andere sind schlechter dran. Zum Beispiel Andrea Vollmer*. Die 54-Jährige muss für ihre Firma neue Kunden anwerben. Eine Tätigkeit, die sie als anspruchsvoll beschreibt. Ihr Grundlohn: 3000 Franken. Dafür müssen sie und ihre Kollegen aber einen minimalen Umsatz erarbeiten. Schaffen sie mehr, dann gibts Provision. Allerdings hätten sie schon Mühe mit dem Minimum. «Das erzeugt täglich psychischen und physischen Druck», sagt Vollmer.

Mehr als die Hälfte der Erfahrungsberichte ging von Frauen ein. Kein Zufall, denn sie sind deutlich stärker von Tieflohnarbeit betroffen als Männer.

Minibonus von 240 Franken

Wie zum Beispiel Bianca Wertli* (35). Sie arbeitet in einem Callcenter und verdient dort 4000 Franken brutto. Dazu kommt ein Bonus von 240 Franken. Allerdings muss sich das Team diesen mit Erfolgen verdienen. Nochmals 80 Franken gibts als Treuebonus. Unter dem Strich sind das maximal 4320 Franken. «Und das im Schichtbetrieb», fügt Wertli an.

Auch Kinderbetreuung wird nicht immer gut bezahlt, auch wenn es eine für die Gesellschaft sehr wichtige Aufgabe ist: Auf die Stunde heruntergerechnet verdient Maria Lenkovac* (28) nur gerade 5.60 Franken. Sie ist Tagesmutter – ein Vollzeitjob mit hoher Verantwortung. «Ein wunderschöner Job, aber völlig unterbezahlt, für das, was wir leisten!» 

Fast keine Ruhetage

Nicht nur der Lohn, auch die Arbeitsumstände tragen viel zum Wohlbefinden bei. Da hat Peter Zumsteg* (45) gleich doppelt Pech: Bei ihm hapert es nicht nur beim Lohn, sondern auch bei den Anstellungsbedingungen. Der zweifache Vater verdient 4535 Franken pro Monat. Damit kommt er auf den ersten Blick knapp über die Tieflohngrenze.

Allerdings beträgt Zumstegs Pensum 43 Stunden. Erschwerend kommt dazu, dass sich die Arbeit nicht auf eine Fünftagewoche aufteilt. Das kostet wichtige Ruhetage. Und damit Energie, die er bräuchte, um einen besser bezahlten und geplanten Job zu suchen.

* Namen geändert

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