Telemedizin boomt in der Schweiz. Wegen Corona. Dermatologen, Kinderärzte, Hausärzte und ganze Spitalabteilungen setzen zunehmend auf virtuelle Konsultationen. Um das Gesundheitssystem zu entlasten.
Die Tierärzte dagegen leben in der alten Welt. Telemedizinische Angebote für Hunde oder Katzen sind rar. Das virtuelle Wartezimmer für Bello blieb bislang ein Wunsch von Herrchen und Frauchen. Während es zahlreiche Angebote für den Menschen gibt, blieb der virtuelle Arzt für Fifi ein Traum.
Das ändert sich jetzt. Der Unternehmer Simon Jungen (34) nutzt die Krise und lanciert die Plattform «Pet-care.ch». Sie vermittelt Online-Sprechstunden mit Tierärzten bis 23 Uhr abends. An 365 Tagen im Jahr. Eine Erstkonsultation kostet pauschal 45 Franken.
«Die Nachfrage ist da»
Das ist relativ günstig. Andernorts wird bei einer abendlichen Konsultation oder bei einem Wochenendbesuch eine Notfallpauschale von über hundert Franken fällig. Zusätzlich zu den normalen Behandlungskosten. Und ein Besuch in der Praxis kostet in der Regel deutlich mehr.
Jungen selbst ist Ökonom. Ein vergleichsweise junger alter Hase aus dem Banking. Seit knapp zwei Jahren ist er im Bereich der Veterinärmedizin als Unternehmer tätig. Seine Firma betreibt vier Kleintierkliniken im Land.
«Ich habe mich bereits vor der Krise intensiv mit dem Thema Telemedizin auseinandergesetzt», sagt Jungen. «Die Nachfrage ist da.»
«Wir ersetzen Google»
In einer Pilotphase hat er das Angebot getestet. Es kam an. Jungen versteht die Dienstleistung als Ergänzung zum bestehenden Service. Es kann den Gang zum Arzt ersetzen, kann aber auch dazu führen, dass man zu genaueren Abklärungen zum Tierarzt verwiesen wird. Wichtig sei, dass der Kunde Gewissheit erhalte, was zu tun sei. «Wir ersetzen damit nicht primär den lokalen Tierarzt, sondern eher Google.»
Die Corona-Situation hat bewirkt, dass Jungen den neuen Dienst mit Priorität vorangetrieben hat. Tiermedizinern geht es ähnlich wie den Humanmedizinern. Die Praxen und Kliniken sind geöffnet. Das Leistungsangebot ist aber eingeschränkt. Tierärzte dürfen bis zum 27. April nur «dringliche Eingriffe und Therapien» vornehmen.
Bei zahlreichen Tiermedizinern hat das zu einem massiven Umsatzeinbruch geführt. So auch bei Jungen. «Aus diesem Grund haben wir die Plattform lanciert.»
Vogel folgt
Das Angebot beschränkt sich vorerst auf die Anamnese von Hunden, Katzen und Nagetieren. Vögel und Reptilien kommen zu einem späteren Zeitpunkt dazu.
«Erstaunlich viele Probleme können online gelöst werden», sagt Jungen. Oft geht es darum, eine professionelle Einschätzung abzuholen. Viele Tierbesitzer seien froh darum, wenn sie einen Mediziner sprechen können, auch wenn es sich nur um kleinere Probleme handelt. Wenn der Hund oder die Katze das Futter schon länger nicht mehr angerührt hat.
Jungen: «Es geht auch darum, die Besitzer zu beraten und allenfalls zu beruhigen.»