Die Worte des Lokführerverbandes VSLF lassen aufhorchen. In einem Newsletter von letzter Woche warnt die Organisation vor Zwangsbremsungen bei der Einfahrt in Bahnhöfe. Die Sicherheit der Reisenden sei gefährdet, heisst es. Von «gravierenden Auswirkungen» auf die Pünktlichkeit der Züge ist die Rede.
Die SBB haben das Problem eingestanden. Die neueste Version der Zugsicherungstechnik ETCS ist schuld. Die Technik sorgt für die Überwachung der Geschwindigkeit der Züge. Sie greift im Notfall ein. Und sie funktionierte bis anhin ohne grössere Beanstandungen.
Auf Anfang Dezember gab es aber einen Systemwechsel. Seither verkehren die ersten Passagierzüge mit dem Technik-Update. Das hat zur Folge, dass die Züge langsamer auf ein rotes Signal zufahren, oder langsamer in den Bahnhof einfahren müssen. Die Zugführer wissen aber nicht genau, ab welchem Punkt die neue Obergrenze gilt.
Bähnler im «roten Bereich»
Das Problem: Wird der Grenzwert auch nur minim überschritten, kommt es zur Zwangsbremsung, wie ein Lok-Führer BLICK bestätigt. «Es erträgt null Toleranz», so die Info. «1 km/h zu schnell und die Kiste steht wie angenagelt.»
«Die SBB hat hier ein handfestes Problem», sagt der Lokführer, der nicht namentlich erwähnt werden will. «Es sollte eigentlich alles einfacher werden», klagt er. Das Gegenteil sei jetzt der Fall. Von «groben Fehlern» ist die Rede. Von Bähnlern, die deswegen «im roten Bereich» drehen.
Der Lokführer bezeichnet die neue Zugsicherungstechnik als «Sparübung». Schlimmer aber: Er berichtet von tatsächlichen Zwangsbremsungen im Raum Basel!
Einführung verlief nicht optimal
Die SBB bestätigt: «In Basel kam es zu Beginn der kommerziellen Fahrten zu Zwangsbremsungen, da ein Fehler in der streckenseitigen Projektierung vorlag, welche bei den Prüfarbeiten nicht entdeckt wurde», sagt Sprecher Reto Schärli. Dieser Fehler sei noch im Dezember behoben worden.
Was die Probleme an anderen Orten betrifft, hat die SBB «Verbesserungen» in Aussicht gestellt. «Die Einführung verlief nicht optimal», so der Bundesbetrieb. Die SBB habe die Auswirkungen auf die Abbremsung der Fahrzeuge im Realbetrieb unterschätzt. «Dies hat verständlicherweise Fragen und Unsicherheiten bei den Lokführern ausgelöst. Die SBB nimmt dies sehr ernst.»
Schärli wehrt sich aber entschieden gegen den Vorwurf der Sparübung. «Investitionen im Bereich Bahninfrastruktur werden mit Steuergeldern bezahlt», sagt der SBB-Sprecher. «Weil die Mittel beschränkt sind, versucht die SBB jeden Franken so wirksam wie möglich zu verwenden», so Schärli weiter.