Wirklich reich ist nur, wer Milliarden oder doch wenigstens Dutzende von Millionen auf dem Konto hat. Das Fussvolk unter den Reichen – jene, die ein paar Milliönchen besitzen – kann der Shopping-Tour der Milliardäre nur neidvoll zuschauen. Dies zeigt die neue Studie des US-Beratungsunternehmens Bain.
Eine neue Schicht von Superreichen, so die Studie, werde angetrieben durch «eine zunehmende Konzentration der Vermögen». Im Klartext heisst das: Extrem Reiche werden noch reicher. Und sie kaufen sich extrem teure Luxusgüter.
Der Lieblingsjet der Milliardäre, der Gulfstream G650, kostet rund 60 Millionen Franken. Eine Yacht von Burgess ist für 20 Millionen Franken zu haben. Den McLaren P1 gibt es nicht unter einer Million.
Der Supersportschlitten findet nicht nur in den fernen Golfstaaten Käufer: Allein in diesem Jahr wurden 20 Stück in die Schweiz importiert.
Der Klassenkampf in diesen Sphären heisst: Wer mit einem Privatjet ab der Stange herumfliegt, gilt als Verlierer. Schwerreiche hingegen lassen ihren Privatjet – ihr «Baby» – nach ihren persönlichen Wünschen bauen.
Textilien aus der Schweiz in der Air Force One
Einer, der die Vorlieben der Reichsten kennt, ist Jürg Mossbrugger (68), Verkaufsleiter beim Berner Textilunternehmen Lantal. Die «Executive»-Sparte von Lantal lieferte schon Sitzbezüge, Vorhänge oder Teppiche für die Superyacht von Mode-Impresario Giorgio Armani. In der Air Force One des US-Präsidenten stecken ebenfalls Lantal-Stoffe.
Mossbrugger muss den Spagat zwischen Luxus und Sicherheit meistern. «Wir liefern die Textilien für Räume, die Träume der Superreichen erfüllen und dennoch see- oder flugtauglich sind.» Zurzeit dürfe es wieder luxuriös wirken, aber diskret. «In japanischem Stil: schlicht und gerade.» Davor habe es nicht minimalistisch genug sein können. «Noch früher musste es opulent sein.» Wer sich nicht mit einem veralteten Interieur blamieren will, muss für teures Geld der neusten Mode folgen können.
Obendrein müssen sich wahrhaft Statusbewusste einen Jet mit extra leistungsfähigen Turbinen leisten können. Die tragen sie auf dem Langstreckenflug auch dann noch weiter, wenn andere bereits einen Zwischenstopp einlegen müssen. All das schaffen bloss Superreiche.
Ihr Lebensstil löst eine neue Neiddebatte aus: Das Unglück der gewöhnlichen Reichen ist nämlich, dass sie sich mit den Superreichen vergleichen. Sie empfinden laut dem US-Ökonomen Robert H. Frank eine «relative Entbehrung». Konkret: Ihr eigener, scheinbar kleiner Luxus erscheint ihnen als zu mickrig.
Dazu kommt, dass sich das Luxusgefühl abnutzt. «Mit steigenden Einkommen sinkt die Fähigkeit, die kleinen Freuden des Lebens zu geniessen», schreibt der Psychologe und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahnemann. Einen Schoggi-Stängel zum Beispiel würden Reiche weniger gut geniessen können.
Um dieses miese Gefühl loszuwerden, müssen die Reichen mit den Superreichen mithalten. Doch der Versuch ist aussichtslos, wenn die Kohle fehlt.
Wahrer Reichtum beginnt erst ab 30 Mio.
Auch in der Schweiz hat sich unter den Reichen ein Graben aufgetan. Dem wohlhabendsten Prozent – rund 55000 Steuerpflichtigen – gehören zwar sage und schreibe 41 Prozent des gesamten Vermögens. Aber auch unter den Reichen ist der Wohlstand sehr ungleich verteilt. Die reichsten 11000 Menschen im Land – rund 0,21 Prozent der Bevölkerung – verfügen im Schnitt über je 36 Millionen. Alle anderen kommen nur auf rund fünf Millionen.
Unter den Superreichen gilt heute die Faustregel: echter Reichtum beginnt ab 30 Millionen Franken. Dies hat der Basler Reichtumsforscher Ueli Mäder in Gesprächen herausgefunden.
Und die Schere zwischen Reich und Superreich öffnet sich noch weiter. Der St. Galler Wirtschaftsprofessor Reto Föllmi (39) sagt es so: «Die Einkommensentwicklung zwischen dem obersten 0,1 Prozent und dem Rest des Top-1-Prozent klafft seit zwei Jahrzehnten auseinander.»
Die allerreichsten Schweizer: Sie lassen die gewöhnlichen Millionäre immer weiter hinter sich.