Streit um Medi-Preise
Gentherapie von Novartis für Krankenkassen zu teuer

Zwei Millionen Dollar kostet das neue Medikament von Novartis. Zu teuer, sagen die Krankenkassen. Sie wollen erst zahlen, wenn ein Behandlungserfolg nachgewiesen werden kann.
Publiziert: 27.05.2019 um 16:05 Uhr
|
Aktualisiert: 27.05.2019 um 17:59 Uhr
1/6
Eine einzelne Dosis von Zolgensma kostet mehr als zwei Millionen Dollar.
Foto: Keystone
Sven Zaugg

Lange wurde spekuliert, wie viel die Gentherapie des Basler Pharmamultis Novartis, die bei einer schweren Muskelkrankheit Linderung verspricht, dereinst kosten wird. Am Freitag hat die US-Medikamentenbehörde FDA das Medikament nun zugelassen. Der Preis ist astronomisch. Eine einzelne Dosis von Zolgensma kostet mehr als zwei Millionen Dollar. 

Angewendet wird die Arznei bei Kindern unter zwei Jahren zur Behandlung der Erbkrankheit Spinale Muskelatrophie (SMA), die zu einer Verkümmerung der Muskeln mit lebenslanger Behinderung oder zu einem frühen Tod führt. In der Schweiz kommen jährlich vier bis fünf Babys mit SMA zur Welt. 

Bereits im Vorfeld des US-Zulassungsentscheides versuchte Novartis den Preisschock etwas abzudämpfen. In einer PR-Aktion hatte Novartis-Chef Vasant Narasimhan (43) versprochen, Rabatte für den Fall zu gewähren, dass die Therapie ungenügend anspricht. Angesichts der hohen Kosten werde man Krankenversicherungen zudem die Möglichkeit einräumen, für die Behandlung in Raten zu zahlen. Zolgensma sei zudem 50 Prozent billiger als bestehende Therapien.

Geld erst, wenn Therapie anschlägt

Der Krankenkassenverband Santésuisse kritisiert Novartis für die Preisgestaltung scharf. «Ist die Therapie nicht wirksam, sollte es nicht einfach einen Rabatt geben, sondern gar nichts kosten», sagt Sprecher Matthias Müller im Gespräch mit BLICK. Der Verband fordert deshalb, dass Novartis nur dann Geld verlangt, wenn die Therapie anschlägt. «Für uns bedeutet Erfolg, dass der Patient geheilt oder die Lebensqualität wesentlich verbessert wird.»

Gegenüber BLICK rechtfertigt Sprecher Satoshi Sugimoto den Preis damit, dass «chronische Behandlungen das Gesundheitssystem im Laufe des Lebens eines Patienten mehrere zehn Millionen Franken kosten». Sugimoto erwartet, dass Zolgensma im Vergleich zur konventionellen SMA-Behandlung Kosten einsparen wird.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Tatsächlich sitzen die Pharmaunternehmen bei der Preisfestsetzung am längeren Hebel. «Heute kann die Pharmaindustrie gegen Preisfestsetzungen Einsprache erheben, die Versicherer aber nicht», kritisiert Santésuisse-Sprecher Müller. «Das muss sich rasch ändern.» Novartis selbst traut seiner Therapie Blockbuster-Status zu, also Spitzenumsätze von mehr als einer Milliarde. 

Wer sagt, was erfolgreich ist?

Das Beispiel zeigt, wohin sich die Pharmabranche bewegt. Die Zeiten, in denen die Basler mit einem einzigen Pillen-Blockbuster Milliarden scheffelten, sind passé. Der Fokus liegt heute auf seltenen Krankheiten, mit denen sich ebenfalls Milliarden verdienen lassen. Das schlägt sich auch in den Medikamentenausgaben pro Kopf nieder: Sie sind in der Grundversorgung zwischen 2014 und 2017 um über 13 Prozent auf mehr als 814 Franken gestiegen.

Wie Erfolg oder Misserfolg von teuren Therapien gemessen wird, wurde bislang nur ansatzweise diskutiert. Erst müssten sich Pharmahersteller und Gesundheitsbehörden auf einheitliche Kriterien zur Definition von Behandlungserfolgen einigen. So weit ist die Schweiz noch nicht. «Modelle, die auf dem Aufzeigen einer bestimmten Wirkung eines Arzneimittels basieren, wurden bisher nicht umgesetzt», sagt Jonas Montai vom Bundesamt für Gesundheit (BAG).

Montai spricht von Patientenregistern mit präzisen Wirksamkeitsparametern, die notwendig wären, um den gewünschten Nutzen des Modells klar zu definieren. Bei Misserfolg müssten dann die bereits geleisteten Kosten von den Pharmaunternehmen zurückerstattet werden. Novartis rechnet noch in diesem Jahr mit einer Zulassung der Arznei in Europa und Japan.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.