Steile Preisentwicklung
So viel sind unsere Altkleiderspenden in Afrika und Osteuropa wert

Die Firma Texaid verkauft unsere Altkleiderspenden, und Einzelne verdienen damit viel Geld. Dass hat bei Lesern grosse Wellen geschlagen. Viele Leser fragen sich, wieviel mit ihren Altkleiderspenden verdient wird. SonntagsBlick ist der Frage nachgegangen.
Publiziert: 09.03.2019 um 13:45 Uhr
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Aktualisiert: 08.11.2022 um 09:29 Uhr
Der Gikomba Second-Hand-Markt in Nairobi, der grösste Kleidermarkt Ostafrikas.
Foto: Getty
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Harry Büsser

Texaid sammelt unsere Altkleiderspenden, und einzelne Beteiligte verdienen damit sehr viel Geld. Die SonntagsBlick-Berichte über das Geschäft der Recycling-Gruppe schlugen hohe Wellen – auch, weil die Firma Texaid zur Hälfte den Hilfswerken gehört. Viele Leser wollten wissen, wieviel Geld sich mit ihren Altkleiderspenden machen lässt. SonntagsBlick hat das Geschäft analysiert.

Knochenarbeit in der Schweiz

Die Arbeit der meisten Texaid-Angestellten in der Schweiz ist simpel, aber anstrengend. Es geht darum, Kleidersäcke einzusammeln, in Sortierwerke zu bringen und dort Kleiderbügel, Abfall und ähnliches auszusortieren. Vor allem das Einsammeln ist Schwerstarbeit: Pro Mann und Tag müssten bis zu drei Tonnen Altkleider bewegt werden, berichten Ex-Mitarbeiter.
Da die Arbeit kaum Kenntnisse voraussetzt, beschäftigt Texaid viele ungelernte Arbeitskräfte. Auch Ausländer, die der deutschen Sprache nicht ganz mächtig sind, lassen sich schnell anlernen. Gemäss Angaben von Texaid beträgt der jährliche Mindestlohn für die Beschäftigten 48 685 Franken.
Nach dem Sortieren werden die Altkleider in Schiffs-Container gepackt und in alle Welt verschickt. Insgesamt exportierte die Schweiz im vergangenen Jahr 67 '000 Tonnen Altkleider im Wert von 61 Millionen Franken, wie aus einer Statistik der Zolldirektion hervorgeht. Daraus lässt sich ein Kilopreis von rund 90 Rappen ableiten.

Über die Ukraine nach Nairobi

Hauptdestinationen mit rund der Hälfte der exportierten Altkleider sind die Ukraine, Italien und Tunesien. Meist sind das aber nur Zwischenstationen, wo die Textilien feiner sortiert und dann in andere Länder weitergeleitet werden.
Unter anderem gehen sie in die kenianische Hafenstadt Mombasa, von wo sie mit Lastwagen ins Landesinnere transportiert werden, etwa in die Hauptstadt Nairobi.
Rund 100'000 Tonnen Altkleider importiert Kenia pro Jahr. Auf einem Altkleider-Markt in Nairobi erzielen europäische und kanadische Altkleider gemäss einem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» die höchsten Preise. Nicht nur Arme kaufen sie. Vor allem bei jüngeren Kunden sei die Ware gefragt.
In Kenia werden Männer- T-Shirts für zwei bis zehn Franken verkauft, wie die Non-Profit-Organisation CUTS International in einer breit angelegten Studie feststellte. Ein T-Shirt wiegt rund 200 Gramm; also bringt das Kilo T-Shirts in Kenia zwischen zehn und 50 Franken.
Neben den Preisen in Kenia hat CUTS International auch jene in Secondhand-Shops in Uganda, Tansania und Brundi eruiert. In diesen Ländern werden Second-Hand-Männer- T-Shirt für Preise zwischen 60 Rappen und zehn Franken verkauft. Während T-Shirts für wenig Geld erhältlich sind, kann ein Secondhand-Anzug in Burundi bis zu 90 Franken kosten. Auch Männerschuhe bringen bis 36 Franken. Ein Rock kostet zwischen zwei und zehn, eine Bluse zwischen einem und acht Franken. Eine Männerhose kostet in Kenia zwischen drei und 15 Franken. Das entspricht in etwa dem Preis, der mit Schweizer Altkleiderspenden auch in Secondhand-Shops in Pristina, der Hauptstadt von Kosovo, erzielt werden kann.

Die grosse Preisexplosion

Die Preisentwicklung von der Gratis-Kleiderspende bis zum Verkauf an Konsumenten in den Zielländern ist ausserordentlich steil.
Selbstverständlich verdienen die Zwischenhändler im Ausland mit. Aber auch im Herkunftsland der Altkleider wird gut daran verdient. Kein Wunder, dass es einen harten Konkurrenzkampf um unsere Altkleider gibt.
Das Geschäft ist so lukrativ, dass Altkleidersäcke in der Schweiz sogar gestohlen werden. Bis zu 1000 Tonnen wechseln auf diese Weise pro Jahr den Besitzer, wie die «NZZ» im Jahr 2014 berichtete. Nicht selten würden dafür die Container mit Schweissbrennern bearbeitet. Es komme aber auch vor, dass sich kleingewachsene Personen in die Sammelcontainer fallen lassen, um die Säcke an Komplizen hinauszureichen.

Wohin mit gebrauchten Kleidern?

36'000 Tonnen Altkleider pro Jahr sammelt Texaid in der Schweiz. Über 6000 Container des Unternehmens sind im ganzen Land aufgestellt, in die Leute Altkleider einwerfen können, die sie Bedürftigen weitergeben möchten (BLICK berichtete).

Auch bei Tell-Tex kann man an über 3500 Standorten in der Schweiz Kleider und Schuhe deponieren. Oder ein Paket schicken, das in Zusammenarbeit mit der Berghilfe direkt an Bedürftige in den Schweizer Bergregionen weitergegeben wird. Ein grosser Teil der Altkleider wird ins Ausland exportiert, dort sortiert und an Bedürftige weitergegeben.

150 Tonnen Textilien werden bei Caritas Zürich abgegeben

Caritas Zürich betreibt sechs Secondhandläden im gesamten Kanton. Dort werden unter anderem Kleider, Schuhe und Accessoires zu stark reduzierten Konditionen verkauft.

Die Ware kommt einerseits als Spende von Privatpersonen, andererseits von Kleiderläden – jährlich rund 150 Tonnen. Andreas Reinhart, Sprecher von Caritas Zürich zu BLICK: «Der Erlös fliesst direkt in unsere Armutsprojekte im ganzen Kanton.»

Auch Kirchen haben Angebote zur Altkleiderverwertung. Zum Beispiel den «Treffpunkt Kleiderkarussell» der reformierten Kirchgemeinde Birr AG. Hier können bedürftige Menschen günstig Kleider und Schuhe aus privaten Spenden beziehen.

Sozialdiakonin Daniela Hausherr erklärt: «Eine Hose oder ein Pulli sind für einen Franken zu haben, Schuhe und Jacken für fünf Franken.» Mit den Einnahmen werden die Kosten für die Räumlichkeiten gedeckt.

Altkleider zu H&M bringen

Gebrauchte Textilien können auch zu H&M gebracht werden. Dort gibt es pro Kleidersack einen Gutschein von 5 Franken. Schuhe und Accessoires nimmt H&M nicht an. Der Konzern verwendet die Altkleider vor allem für die neue Kollektion wieder oder verkauft sie.

Auch bei den Brockenhäusern der Heilsarmee können gebrauchte Kleider und Schuhe vorbeigebracht werden. Oder man kann sie – zusammen mit anderer Ware – vom Abholdienst mitnehmen lassen.

Nicolas Lurati

36'000 Tonnen Altkleider pro Jahr sammelt Texaid in der Schweiz. Über 6000 Container des Unternehmens sind im ganzen Land aufgestellt, in die Leute Altkleider einwerfen können, die sie Bedürftigen weitergeben möchten (BLICK berichtete).

Auch bei Tell-Tex kann man an über 3500 Standorten in der Schweiz Kleider und Schuhe deponieren. Oder ein Paket schicken, das in Zusammenarbeit mit der Berghilfe direkt an Bedürftige in den Schweizer Bergregionen weitergegeben wird. Ein grosser Teil der Altkleider wird ins Ausland exportiert, dort sortiert und an Bedürftige weitergegeben.

150 Tonnen Textilien werden bei Caritas Zürich abgegeben

Caritas Zürich betreibt sechs Secondhandläden im gesamten Kanton. Dort werden unter anderem Kleider, Schuhe und Accessoires zu stark reduzierten Konditionen verkauft.

Die Ware kommt einerseits als Spende von Privatpersonen, andererseits von Kleiderläden – jährlich rund 150 Tonnen. Andreas Reinhart, Sprecher von Caritas Zürich zu BLICK: «Der Erlös fliesst direkt in unsere Armutsprojekte im ganzen Kanton.»

Auch Kirchen haben Angebote zur Altkleiderverwertung. Zum Beispiel den «Treffpunkt Kleiderkarussell» der reformierten Kirchgemeinde Birr AG. Hier können bedürftige Menschen günstig Kleider und Schuhe aus privaten Spenden beziehen.

Sozialdiakonin Daniela Hausherr erklärt: «Eine Hose oder ein Pulli sind für einen Franken zu haben, Schuhe und Jacken für fünf Franken.» Mit den Einnahmen werden die Kosten für die Räumlichkeiten gedeckt.

Altkleider zu H&M bringen

Gebrauchte Textilien können auch zu H&M gebracht werden. Dort gibt es pro Kleidersack einen Gutschein von 5 Franken. Schuhe und Accessoires nimmt H&M nicht an. Der Konzern verwendet die Altkleider vor allem für die neue Kollektion wieder oder verkauft sie.

Auch bei den Brockenhäusern der Heilsarmee können gebrauchte Kleider und Schuhe vorbeigebracht werden. Oder man kann sie – zusammen mit anderer Ware – vom Abholdienst mitnehmen lassen.

Nicolas Lurati

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