Über 40 Jahre lang war Christian Engler (85) Kunde bei der St. Galler Kantonalbank (SGKB). «Ich war immer zufrieden. Es gab nie einen Grund, die Bank zu wechseln», sagt der pensionierte Vertreter im Aussendienst zu BLICK. Auch als er 1998 mit seiner kürzlich verstorbenen Frau Paula (†89) nach Ungarn auswanderte, blieb er der SGKB treu.
Die beiden wollten den wohlverdienten Lebensabend geniessen und haben sich deshalb einen kleinen Bauernhof auf dem Land gekauft. Seine Bankgeschäfte wickelte Engler weiterhin über die SGKB ab. Auch seine AHV überwies ihm die Bank Monat für Monat pünktlich nach Ungarn.
Am 5. August erhielt er einen Brief von der Kantonalbank. «Ich ahnte nichts Böses, setzte mich hin und öffnete den Brief», erinnert sich der Rentner. «Dann traf mich fast der Schlag! Ich hielt das Kündigungsschreiben in der Hand.» Engler lässt den Brief BLICK zukommen.
Engler ist verzweifelt, will aber wechseln
«Wir bedauern sehr, dass wir (…) Sie, Herr Engler, als langjährigen und treuen Kunden verabschieden müssen», schreibt die Bank. Auch die SGKB sei gezwungen, immer strenger werdende regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Und: «Als regionale Bank in der Ostschweiz haben wir uns deshalb entschieden, uns auf sehr wenige ausgewählte ausländische Märkte zu konzentrieren. Deshalb ist es uns leider nicht mehr möglich, das Konto für Sie weiterzuführen.»
Engler, der auch in Ungarn täglich den BLICK liest, ist ratlos. Aber er ist grundsätzlich bereit, zu einer anderen Schweizer Bank zu wechseln. Doch ein Konto zu eröffnen, kann für Auslandschweizer zum Hürdenlauf werden.
«Seit mehreren Jahren ist der Zugang zu Schweizer Bankdienstleistungen aus dem Ausland zunehmend Restriktionen ausgesetzt», schreibt dazu die Auslandschweizer-Organisation auf ihrer Webseite. Das liegt vor allem an strengeren Regeln und damit verbundener Mehrarbeit. Zudem verzichten manche Banken auf Geschäfte mit Kunden im Ausland, weil es sich nicht lohnt oder nicht zur Strategie passt.
Freundin klappert verschiedene Banken ab
Das musste auch eine gute Freundin von Engler erfahren. Sie klapperte für den Rentner in der Schweiz ein Finanzhaus nach dem anderen ab. Ohne Aussicht auf Erfolg. Entweder wird sie abgewimmelt, oder die Banken rufen gar nicht mehr zurück. Oder es heisst lapidar, dass Engler halt selber in die Schweiz kommen müsse, um sich darum zu kümmern.
Als sich BLICK einschaltet, geht es plötzlich schnell. Noch am gleichen Tag nehmen Verantwortliche der Bank mit Engler Kontakt auf. «Uns ist bedauerlicherweise ein Fehler unterlaufen», sagt Direktionsmitglied Adrian Kunz zu BLICK. «Wir haben bereits mit dem Kunden Kontakt aufgenommen, den Fehler bereinigt und uns dafür entschuldigt.»
Konkret: Engler hätte die Kündigung gar nie erhalten dürfen. Denn: Die Strategie der St. Galler Kantonalbank fokussiert auf die Kernmärkte «Ostschweiz», «Übrige Deutschschweiz» und «Deutschland», teilt das Finanzhaus mit. «Im grenzüberschreitenden Geschäft konzentriert sich die SGKB auf Geschäftsbeziehungen zu Kunden mit Wohnsitz in klar definierten Ländern – dazu gehört auch Ungarn. Im Rahmen dieser Konzentration trennt sie sich von Kunden, die ausserhalb dieser Länder wohnen», sagt Kunz.
Engler freut sich: «Ich wusste nicht mehr wohin mit meiner AHV.» BLICK weiss: Als Wiedergutmachung schickt die St. Galler Kantonalbank Christian Engler ein Buch nach Ungarn.
760'200 Schweizer lebten Ende 2018 ausserhalb der Schweizer Grenzen. Damit sind nur drei Kantone bevölkerungsreicher als die sogenannte Fünfte Schweiz. Die meisten Auswanderer ziehts nach Frankreich. 197'400 Schweizer zählt das Land. Dahinter folgen Deutschland mit 90'400 Personen und die USA mit 80'400. Ungarn zählt zwar nicht zu den beliebtesten Zielen der Auswanderer, doch lebten dort zum Stichtag 31. Dezember 2018 immerhin 2000 Schweizer.
Der durchschnittliche Auswanderer ist 39 Jahre alt, die Auswanderin mit 44 Jahren leicht älter. Wie aus den Zahlen des Bundesamts für Statistik hervorgeht, ist jeder fünfte Auslandschweizer 65 Jahre und älter. Besonders alt ist dabei die ungarische Auslandschweizer-Bevölkerung. 55 Prozent sind dort bereits im Pensionsalter. Ausgeglichen ist in Ungarn das Geschlechterverhältnis bei den älteren Personen. Das heisst, gleich viele Männer wie Frauen lassen sich dort fürs Alter nieder. Anders ist das etwa in Thailand. Dort sind die Senioren deutlich zahlreicher. In Spanien dagegen gibts mehr Seniorinnen. Julia Fritsche
760'200 Schweizer lebten Ende 2018 ausserhalb der Schweizer Grenzen. Damit sind nur drei Kantone bevölkerungsreicher als die sogenannte Fünfte Schweiz. Die meisten Auswanderer ziehts nach Frankreich. 197'400 Schweizer zählt das Land. Dahinter folgen Deutschland mit 90'400 Personen und die USA mit 80'400. Ungarn zählt zwar nicht zu den beliebtesten Zielen der Auswanderer, doch lebten dort zum Stichtag 31. Dezember 2018 immerhin 2000 Schweizer.
Der durchschnittliche Auswanderer ist 39 Jahre alt, die Auswanderin mit 44 Jahren leicht älter. Wie aus den Zahlen des Bundesamts für Statistik hervorgeht, ist jeder fünfte Auslandschweizer 65 Jahre und älter. Besonders alt ist dabei die ungarische Auslandschweizer-Bevölkerung. 55 Prozent sind dort bereits im Pensionsalter. Ausgeglichen ist in Ungarn das Geschlechterverhältnis bei den älteren Personen. Das heisst, gleich viele Männer wie Frauen lassen sich dort fürs Alter nieder. Anders ist das etwa in Thailand. Dort sind die Senioren deutlich zahlreicher. In Spanien dagegen gibts mehr Seniorinnen. Julia Fritsche