So viel lassen sie es sich kosten
MedTech-Firmen buhlen um die Gunst der Ärzte und Spitäler

Skalpelle, Operationstische oder Röntgengeräte, die Medizintechnik ist ein riesiges und gewinnbringendes Business. Hersteller buhlen um die Gunst der Ärzte und Spitäler. Erstmals haben sie nun ihre Zahlungen an eben diese offengelegt. BLICK hat sie ausgewertet.
Publiziert: 10.10.2019 um 11:14 Uhr
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Aktualisiert: 14.10.2019 um 16:15 Uhr
Für Geschenke am tiefsten in die Tasche griff die Medizinabteilung von Johnson & Johnson. 68 Millionen Franken hat der Konzern 2018 ausbezahlt.
Foto: AFP
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Simon Huwiler, Otto Hostettler

Die Medizinbranche ist ein lukratives Geschäft. Wie viel Geld jährlich von den Pharmafirmen zu Ärzten fliessen, hat BLICK bereits in den «Pharmageldern» aufgedeckt. Der kleine, aber nicht minder lukrative Bruder der Pharmaindustrie ist die Medizintechnik.

Skalpelle, künstliche Hüftgelenke, Spitalbetten oder High-End-Operations-Roboter: Alles, was in einem Spital oder einer Arztpraxis zum Einsatz kommt, muss spezielle Richtlinien erfüllen. Das treibt die Kosten in die Höhe. Ein lukrativer Markt entsteht. Der Branchenverband Swiss MedTech schätzt, dass 2017 alleine in der Schweiz 15,8 Milliarden Franken mit Medizintechnik umgesetzt wurden. Zum Vergleich: Das hiesige Grundnahrungsmittel Schokolade hat in der Schweiz für 1,8 Milliarden Franken Umsatz gesorgt.

76 Millionen in einem Jahr

Um die eigenen Produkte im Spital platzieren zu können, umgarnen MedTech-Hersteller Ärzte und spendieren ihnen Weiterbildungen. Dass diese Liebkosungen einen fahlen Beigeschmack haben, hat auch der Branchenverband erkannt. Er hat  deswegen seine Mitglieder aufgefordert, alle Zahlungen offenzulegen. BLICK hat diese Zahlungen zusammen mit dem «Beobachter» das erste Mal ausgewertet.

Das Ergebnis: 76 Millionen wurden 2018 von den Konten der MedTech-Unternehmen zu Organisationen aus dem Gesundheitswesen überwiesen. Von dort fliesst das Geld weiter zu den Ärzten, denen Weiterbildungen finanziert werde.

Johnson & Johnson am spendabelsten

Am spendabelsten zeigt sich die Medizinabteilung von Johnson & Johnson. 68 Millionen Franken hat der Konzern 2018 ausbezahlt. Davon gingen alleine 57 Millionen an die firmennahe AO Technology AG, welche weltweit Ärzte im Bereich Wirbelsäulenkrankheiten, Knochenbrüche und Traumafälle schult. Knapp zwei Millionen spendete Boston Scientific, rund 1,5 Millionen flossen vom Herzschrittmacher-Hersteller Medtronic in die Schweiz. Weitere Geldgeber und die Top-Empfänger sehen Sie weiter unten.

Spitäler im Geldregen

Auf der Empfängerseite haben besonders Spitäler und Stiftungen grosse Taschen. An das Inselspital Bern floss insgesamt eine Million, an das Unispital Zürich 645’000 und an den Kantonsspital St. Gallen 357’000 Franken.

Manche Zahlungen hinterlassen Fragen. So flossen 895’000 Franken an die «Osteosynthesis and Trauma Care Foundation». Diese Schweizer Stiftung veranstaltet Fortbildungen rund um das Thema Unfall-Traumatas. Finanziert wird sie von der Stryker Corporation. Im Portfolio von Stryker: nach eigenen Angaben über 20’000 Produkte rund um die Traumatologie. Auch die Handelskammer Schweiz-Russland profitiert von den Zahlungen. 117’000 Franken erhielt sie von der in Winterthur ZH ansässigen Zimmer GmbH.

Nur halbe Transparenz

Mit seiner Transparenz-Initiative will der MedTech-Verband Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen. Das gelingt nur bedingt. Ein interessierter Leser muss auf verschiedenen Plattformen oder auf den Unternehmenswebsites nach den Zahlungen suchen. Auch der jeweils angegebene Zahlungszweck fällt dürftig aus: «Unterstützung von Weiterbildungsveranstaltungen» oder «Andere Weiterbildungszahlungen».

MedTech-Kenner gesucht

Arbeiten Sie in der MedTech-Branche oder kennen Sie sich mit diesen Zahlungen aus? Was sind Ihre Erfahrungen? Schreiben Sie uns an info@pharmagelder.ch!

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