Das hat es in der jüngeren Schweizer Wirtschaftsgeschichte noch nie gegeben: Bei Sika kommts zum Aufstand der Büezer. Angestelltenkommissionen und Betriebsräte aus aller Welt schicken Protestschreiben in die Schweiz. Alle mit dem gleichen Ziel: die Übernahme der Firma durch die französische Saint-Gobain zu verhindern.
Die Briefe kommen aus der Schweiz, Frankreich, Deutschland, Spanien, gar aus Russland (siehe Ausschnitte). Schon rund zehn Ländergesellschaften haben sich angeschlossen, darunter die 2000-köpfige Belegschaft aus der Schweiz oder insgesamt 4000 Personen – jeder vierte Sika-Mitarbeiter weltweit.
Tendenz steigend. «Im Namen der Angestellten der Schweizer Sika-Gesellschaften appellieren wir an Ihr Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Sika-Mitarbeitern in der Schweiz», heisst es im Schreiben der Schweizer Sika-Angestelltenkommission.
«Diese Mitarbeiter haben geholfen, die Firma zu dem zu machen, was sie heute ist.» Ähnlich klingt es von überallher – auch aus Spanien, wo Sika in der Nähe von Madrid und Burgos zwei Fabriken betreibt. Die Büezer dort haben nicht vergessen, dass Saint-Gobain 2009 fünf Fabriken dichtgemacht hat, nur ein Jahr nachdem die Franzosen diese übernommen hatten.
Die Protestschreiben sind an Sika-VR Urs Burkard und seine vier Geschwister adressiert, welche gemeinsam die Stimmenmehrheit besitzen.
Saint-Gobain sieht sich nun einer fast geschlossenen Front gegenüber: Neben Teilen des Verwaltungsrats, dem TopManagement, rund 160 Sika-Kadern und prominenten Aktionärsgruppen reihen sich nun auch die Büezer in die Reihen derer ein, die eine Übernahme verhindern wollen.
Damit nicht genug: Nun hat sich auch eine Schweizer Aktionärsgruppe gebildet, die den Verkauf ebenfalls verhindern und Sika als eigenständige Firma erhalten will.
Sie besteht aus ehemaligen Sika-Präsidenten wie Hans Peter Ming und Walter Grüebler, ehemaligen Verwaltungsräten wie Unternehmer Thomas W. Bechtler oder dem Ex-UBS-Banker Urs B. Rinderknecht, lange Jahre Vertreter der Hausbank im Sika-VR. Sie besitzen inzwischen schon über 25 000 Aktienstimmen: genug, um an der GV Anträge zu erzwingen.
Und auch dieser Gruppe schliessen sich immer mehr Kleinaktionäre an. Und selbst prominente Nichtaktionäre versprechen Unterstützung: so etwa der Unternehmer Beat Curti und der Ex-Finanzchef von Roche, Henri B. Meier.