Der bundeseigene Rüstungskonzern Ruag kann nur im Ausland richtig wachsen. Gut ins Portfolio passen würden die drei Panzerwerkstätten der deutschen Bundeswehr. Diese stehen im Rahmen der Privatisierung der Heeresinstandhaltungslogistik (HIL) zum Verkauf und sollen einen Wert von 1,7 Milliarden Euro haben. «Wir bestätigen, dass Ruag Defence sich als Bieter qualifiziert hat», sagt Ruag-Sprecher Clemens Gähwiler auf Anfrage von BLICK. Aufgrund der laufenden Ausschreibung könne er keine weiteren Angaben machen.
Doch die Bewerbungen von Ruag und der britischen Konkurrentin Babcock International Group kommen nun ins Kreuzfeuer der Kritik. «Ausländische Konzerne wollen Panzer der Bundeswehr reparieren», titelt die «Hannoversche Allgemeine Zeitung». Nachdem die SPD-Bundestagsfraktion bereits im Juni ein Veto gegen die Privatisierung einlegte, wollten nun auch FDP und Grüne den Verkauf stoppen, so die Zeitung.
Ruag als fremde Übermacht
Die beiden Parteien kritisierten, dass bei den Ausschreibungsmodalitäten kleine und mittlere deutsche Unternehmen benachteiligt worden seien. Aus Deutschland wollten Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann und die Fahrzeugwerke Flensburg (FFG) den Zuschlag erhalten. Zudem sei es gemäss deutschen Medien das erste Mal, dass mit Ruag und Babcock International umsatzstarke internationale Rüstungsunternehmen als Mitbewerber aufträten.
Befürchtet wird in diesem Zusammenhang auch ein Stellenabbau. Die Angebotsfrist für die Panzerwerkstätten in Darmstadt, St. Wendel und Doberlug-Kirchhain läuft bis Oktober.
Bund will internationales Geschäft separieren
Dass Ruag zum Gegenstand der deutschen Interessenpolitik wird, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn bei Ruag bleibt derzeit kein Stein auf dem anderen, damit der Rüstungskonzern die Interessen der Schweiz gewährleisten kann. Im Juni entschied der Bundesrat, dass Ruag in eine Schweizer und eine internationale Gesellschaft aufgespalten werden soll.
Die Teile, die als Materialkompetenzzentrum für die Schweizer Armee jährlich Leistungen in der Höhe von rund 400 Millionen Franken erbringen, sollen zur Ruag Schweiz werden. Dazu gehören die Wartung und Reparatur des Armeematerials und die Instandhaltung von «einsatzrelevanten Systemen», wie zum Beispiel der F/A-18-Flotte. Diese Aufgaben wurden bisher von Ruag Defence und Ruag Aviation wahrgenommen.
Sicherheit ist nur ein Problem
Bis Ende des Jahres wird ausserdem eine Teilprivatisierung der internationalen Abteilung geprüft. Der Bundesrat begründet die Neustrukturierung mit der höheren Informatiksicherheit, weil die Systeme der neuen Gesellschaften vollständig voneinander getrennt werden. Vor zwei Jahren hatte ein Cyberangriff auf Ruag die Sicherheitsprobleme offengelegt.
In ein schiefes Licht geriet Ruag im Frühling durch die sogenannte Russenaffäre. Die Bundesanwaltschaft führte bei Ruag eine Hausdurchsuchung durch im Zusammenhang mit einem Strafverfahren wegen Widerhandlungen gegen das Kriegsmaterialgesetz. Ein Leitungsmitglied der Ruag-Munitionssparte soll zusammen mit dem Moskau-Chef der Privatbank Julius Bär und einem Zuger Waffenhändler hinter dem Rücken ihrer Arbeitgeber Waffen für die Schutztruppe des russischen Präsidenten geliefert und Millionenprovisionen kassiert haben.
Der Bund als Eigentümer der Ruag musste sich dieses Jahr mit tieferen Dividendenzahlungen abfinden. Ruag erhöhte letztes Jahr zwar ihren Umsatz um gute fünf Prozent auf 1,9 Milliarden Franken. Doch der Gewinn sank um 22,8 Prozent auf 89 Millionen Franken.