Shoppingcenter-Pleiten im Tessin
Nun erwischt es auch den Foxtown-Gründer

Dem Kanton Tessin sterben die Einkaufszentren weg. Nun ist auch das neue Projekt von Foxtown-Gründer Silvio Tarchini (73) pleitegegangen – ein Luxus-Zentrum für Inneneinrichtung. Der Multimillionär sieht das Problem bei den Ausstellern.
Publiziert: 15.09.2017 um 08:44 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 05:55 Uhr
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Fausto de Marchi (52), Aussteller in der Galleria Casa in Manno, steht nach der Schliessung vor dem Ruin.
Foto: Remy Steinegger
Myrte Müller

Das Konzept der Galleria Casa begeisterte. Ein Einkaufszentrum nur für Inneneinrichtung. Produkte vom Feinsten. Luxusküchen, Designertreppen, Pools und Granitkamine. 33 Stände auf 2000 Quadratmetern – gleich bei der Autobahnausfahrt Lugano Nord.

Auch der Besitzer des Zentrums überzeugte. Multimillionär Silvio Tarchini (73) gründete schon Foxtown in Mendrisio TI. Mit 310 Millionen Franken Jahresumsatz zählt es zu den erfolgreichsten Factory-Outlets Europas.

Was Tarchini anfasst, wird zu Gold. So die Hoffnung vieler Aussteller. «Wir sind mit Enthusiasmus in die Galleria Casa gezogen», sagt Gartenbauexperte Fausto de Marchi (52). 

Ein Jahr nach Eröffnung steht die Mall vor dem Aus

Das war im September 2016. Heute, ein Jahr danach, wird die Luxus-Mall in Manno geschlossen. Sie ist ein gigantischer Flop!

Eine Mall mehr, die im Tessin stirbt. Schon das Centro Ovale in Chiasso – im Volksmund Ei genannt – machte dicht, ist seit 2015 verwaist. Und das Centro Al Castello in Bellinzona läuft mehr schlecht als recht. 

De Marchi hatte sein ganzes Erspartes in den Stand in der Galleria Casa gesteckt. Aber: «Es kam kein Mensch in den Showroom. Eine Katastrophe!», ärgert sich de Marchi. «Ich hatte sogar einen Architekten für die Kundenberatung engagiert», sagt der Aussteller. Doch der drehte nur Däumchen.

Die Gartenzwerge sind verpfändet

«Ich konnte die letzten zwei Monatsmieten nicht zahlen», klagt de Marchi. Vermieter Tarchini pfändete deshalb seine Ware. Nicht nur die Designer-Gartenzwerge wurden in Zahlung genommen, auch der persönliche Schreibtisch ist weg.

Claudio Gailli (66) ist stinksauer. Über 60’000 Franken investierte er in den Verkaufsstand. Doch seine schönen Vintage-Küchen aus Grossbritannien bekam kaum jemand zu Gesicht.

Es wurde zu wenig in Werbung investiert

«Uns wurde das Blaue vom Himmel herab versprochen», schimpft der Sales Manager aus Lugano. «In der Tat aber gab es weder gross Werbung noch Anlässe, die Publikum in die Mall gelockt hätten.»

Nachbar Angelo Franchi (54) bietet Fenster und Küchenzeilen an. Nun hat er seinen Stand kurzerhand zum Büro gemacht.

Silvio Tarchini weist die Vorwürfe zurück: «Die Aussteller sind selber schuld.» Sie hätten ihre Kunden in die Galleria Casa einladen und selber für Werbung sorgen müssen. «Ausserdem waren viele Stände noch nicht einmal besetzt.»

Onlinehandel und starker Franken schaden den Malls

Generell sei die Situation der Einkaufszentren im Tessin schwieriger geworden, sagt der Unternehmer: «Mit dem starken Franken fielen zunehmend die italienischen Kunden weg – und die Tessiner gehen nach Italien einkaufen.» Auch der Onlinehandel mache den Malls mächtig Konkurrenz.

Das Factory-Outlet Foxtown brummt aber nach wie vor. Das Konzept scheint krisensicher. «Noch immer sind 25 Prozent unserer Kunden Italiener. Wir haben viele Touristen, die bei uns einkaufen. Viele Deutschschweizer, aber auch Chinesen, Russen und Araber», sagt der Outlet-König. Silvio Tarchini ist Herr über 200’000 Quadratmeter Industrie- und Ausstellungsfläche. Da erscheinen die 2000 Quadratmeter der Galleria Casa als Peanuts. 

Für Fausto de Marchi kosteten die 15 Quadratmeter seines Standes hingegen die Existenz. «Ich muss jetzt noch einmal von vorne anfangen. Entmutigen lasse ich mich nicht», so der Gartenbauexperte.

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