Service-public-Initiative gefährdet Gesamtarbeitsverträge
Büezer müssen um ihre Löhne fürchten!

Post, Swisscom und SBB haben grosszügige Gesamtarbeitsverträge. Durch die Service-public-Initiative geraten sie jedoch in Gefahr.
Publiziert: 08.05.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:10 Uhr
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95 Prozent der SBB-Angestellten sind durch einen GAV geschützt.
Foto: GAETAN BALLY
Moritz Kaufmann

Die Service-public-Initiative will den öffentlichen Dienst stärken. Doch seinen Angestellten könnte sie einen Bärendienst erweisen. Im Fokus sind die Post mit über 60'000, die SBB mit 33'000 und die Swisscom mit 21'000 Mitarbeitern.

Der umstrittene Absatz der Initiative: «Der Bund sorgt dafür, dass die Löhne und Honorare der Mitarbeiter dieser Unternehmen nicht über denjenigen der Bundesverwaltung liegen.»

Chefinitiant Peter Salvisberg (56) betont zwar gegenüber SonntagsBlick: «Es geht nur um die Managerlöhne.» Doch im vorgeschlagenen Gesetzesartikel steht nichts von Managern. Betroffen sind also alle – vom einfachen Pöstler, Gleisbauer und Elektriker bis zu den CEOs.

«Lohnkürzungen gut möglich»

«Die Initianten sagen immer, es gehe um die Chefsaläre. Sie verheimlichen aber, dass alle Löhne betroffen sind», so Christian Capacoel (38), Leiter Kommunikation bei der Gewerkschaft Syndicom. Stefan Müller-Altermatt (39), CVP-Nationalrat und Präsident der Post- und Eisenbahner­gewerkschaft Transfair, ergänzt: «Lohnkürzungen bei den normalen Angestellten sind gut möglich.»

CEOs bei SBB, Swisscom und Post verdienen teilweise massiv mehr als Bundesräte – ein wichtiges Argument der Initianten. Aber auch in unteren Chargen sind die Arbeitsbedingungen tendenziell besser als beim Bund. Dies zeigt ein Blick auf die Lohntabelle.

Der Maximallohn der tiefsten Lohnstufe beträgt bei der Post 65'044 Franken pro Jahr. Beim Bund liegt er mit 61'619 Franken spürbar niedriger. Mit anderen Worten: Würde ein Pöstler in Zukunft für den Bund arbeiten, verdiente er wohl weniger als derzeit bei der Post.

SBB, Swisscom und Post haben Gesamtarbeitsverträge (GAV) für ihre Belegschaft abgeschlossen. «Die dort ausgehandelten Arbeitsbedingungen wären bei einer Annahme in Gefahr», sagt Post-Sprecher Bernhard Bürki gegenüber SonntagsBlick. Die Gewerkschaften, die mit den Betrieben sonst im Clinch liegen, teilen diese Einschätzung. Und nicht nur die heutigen GAV wackeln. In Zukunft könnte es gar keine mehr geben.

Populär bei den Betroffenen

«Eine Annahme erhöht den Privatisierungsdruck stark. Viele Jobs würden ausgelagert», prognostiziert Syndicom-Sprecher Capacoel. «Die Arbeitgeber müssten mit uns keinen GAV mehr abschliessen.» Für Angestellte, die unter dem Service-public-Schirm bleiben könnten, seien die Aussichten nicht viel besser: «In Zukunft würde faktisch das Parlament über die Löhne entscheiden. Beim aktuellen Spardruck kann man sich vorstellen, wie das herauskommt.»

Für Peter Salvisberg sind diese Argumente gegenstandslos: «Auf die heutigen GAV hat die Initiative überhaupt keine Auswirkungen, auf die zukünftigen eine positive.» Er verstehe nicht, warum die «Gewerkschaftsbosse» gegen seine Initiative seien: «Wenn man den Managern oben Millionen wegnimmt, könnte man sie unten verteilen.»

Darum gehts bei der Initiative

Die Service-public-Initiative verlangt, dass mit der Grundversorgung keine Gewinne erwirtschaftet werden. Betroffen sind Unternehmen wie Swisscom, Post oder SBB, die wichtige Infrastrukturleistungen anbieten. Lanciert wurde die Ini­tiative vom Konsumentenmagazin «K-Tipp». In der Politik hat der Vorschlag mehrheitlich Gegner. Kein Parlamentarier in Bern unterstützt ihn. Von links bis rechts wird argumentiert: Wenn Unternehmen nicht mehr wirtschaftlich geschäften können, werde ihnen die Existenzgrundlage ent­zogen. Das Volk stimmt am 5. Juni über die Initiative ab.

Die Service-public-Initiative verlangt, dass mit der Grundversorgung keine Gewinne erwirtschaftet werden. Betroffen sind Unternehmen wie Swisscom, Post oder SBB, die wichtige Infrastrukturleistungen anbieten. Lanciert wurde die Ini­tiative vom Konsumentenmagazin «K-Tipp». In der Politik hat der Vorschlag mehrheitlich Gegner. Kein Parlamentarier in Bern unterstützt ihn. Von links bis rechts wird argumentiert: Wenn Unternehmen nicht mehr wirtschaftlich geschäften können, werde ihnen die Existenzgrundlage ent­zogen. Das Volk stimmt am 5. Juni über die Initiative ab.

Tatsächlich ist die Initiative populär – auch bei den Betroffenen. «Viele Leute an der Basis sympathisieren mit einem Ja. Gegen oben ist eine Wut da», bestätigt Gewerkschafter Capacoel. Verständlich, denn das Post-Kader habe letztes Jahr 20 Prozent mehr verdient. Den Büezern müsse aber klar werden: «Es geht auch um eure Löhne.»

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