Wer nur die Schlagzeilen liest, könnte meinen, Europa sei am Ende: Brexit, Gelbwesten, rechte Märsche, linke Proteste – und dann noch die Zuwanderung! Doch wer auch auf ökonomische Daten achtet, stellt fest: Der Motor der EU läuft erheblich runder, als ihr lädierter Ruf vermuten lässt. Die Wirtschaft der Staatengemeinschaft wächst seit Jahrzehnten schneller als jene der USA – aber auch der Schweiz.
Natürlich bleibt die EU nur schon wegen des Brexits ein Unruheherd. «In der Schweiz wird das auch weiter zu spüren sein, etwa beim Frankenkurs», sagt Adriel Jost (33), Chefökonom im Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners in Zürich. Aber während die Wirtschaftsleistung pro Kopf in der EU seit 2013 jährlich um 1,9 Prozent stieg, waren es in den USA 1,7 Prozent, in der Schweiz nur 0,9.
Auch in noch längerer Frist liegt die EU vorne: Obwohl in der Zeit seit der Jahrtausendwende die Dotcom-Blase platzte, ein globaler Finanzcrash beinahe dem Kapitalismus ein Ende bereitet hätte, die Staatsschuldenkrise den bereits tot geglaubten Nationalismus wiederauferstehen liess, Brexit und Gelbwesten das Chaos der Strasse mit dem der Regierungen verbanden, wuchs die Wirtschaftsleistung der Europäischen Union um jährlich 1,5 Prozent – gemessen am Bruttoinlandprodukt pro Kopf.
Im gleichen Zeitraum waren es in den USA 1,2 Prozent und in der Schweiz nur ein Prozent.
9,6 Millionen neue Jobs
Einzelne Länder der EU seien dabei sogar besonders dynamisch, so Wellershoff-Chefökonom Jost. In Polen lag das Pro-Kopf-Wachstum über die vergangenen fünf Jahre im Durchschnitt bei 3,9 Prozent, in Tschechien bei 3,4 Prozent und in Rumänien gar bei 4,6 Prozent. Natürlich liegen diese Länder noch auf einem deutlich tieferen Lohnniveau als die Schweiz, aber die Richtung dieses Entwicklungsprozesses stimmt dennoch zuversichtlich.
Grund zum Optimismus liefert auch der Umstand, dass in der EU in den vergangenen fünf Jahren 9,6 Millionen neue Jobs geschaffen worden sind und die Arbeitslosigkeit auf 7,9 Prozent fiel – ein Niveau wie seit November 2008 nicht mehr. «Überhaupt war sie seit 1991 nur in zwei Jahren niedriger als heute», sagt Stefan Kreuzkamp (53), Chefinvestor beim deutschen Vermögensverwalter DWS.
In acht Ländern der EU ist die Arbeitslosenquote inzwischen sogar tiefer als in der Schweiz, wo sie, nach internationalen Standards gemessen, 4,4 Prozent beträgt:
«Der robuste Arbeitsmarkt und steigende Löhne stärken den Konsum in der EU, was wiederum das Wirtschaftswachstum treibt», sagte Paul Diggle (32), Ökonom beim schottischen Vermögensverwalter Aberdeen Standard. Und weil der Ölpreis in den vergangenen Monaten von 80 auf rund 60 Dollar pro Fass sank, bleibt in den Portemonnaies der EU-Bürger jetzt noch mehr Geld für Konsum – auch das hilft dem Wirtschaftswachstum.
Verschuldungstendenz bleibt fallend
Selbst bei der Staatsverschuldung steht die EU besser da, als die Schlagzeilen vermuten lassen. Sie ist deutlich geringer verschuldet als die USA mit ihrem derzeit eingefrorenen Staatshaushalt. Noch viel wichtiger: «Die Verschuldungstendenz in der EU ist weiterhin leicht fallend», so Wellershoff-Ökonom Jost. In den USA steigt sie an.
Dabei ist nicht alles rosig: «Es gibt für Ökonomen auch gute Gründe, sich über die EU Sorgen zu machen», sagt Jost. So sei der Euro beispielsweise tatsächlich eine Fehlkonstruktion. Trotzdem läuft aber vieles besser als in den USA.
Wieso aber erscheint die EU in der Wahrnehmung deutlich schwächer?
Möglicherweise deshalb, weil sich die USA besser vermarkten: Während deren Präsident mit «America first» Schlagzeilen macht, die USA als «Greatest Country in the World» feiert und täglich Gottes Segen auf Amerika herabbeschwört, ist es um die Vorzüge der EU still. Eher wird auf das fokussiert, was nicht funktioniert, etwa den Brexit.
Paul Diggle macht sich dennoch keine Sorgen. Er ist in Jersey aufgewachsen, einer Insel, die britisch ist, aber näher bei Frankreich liegt, weshalb er derzeit Jèrriais lernt, auch Jersey French genannt – ein Normannisch, das noch vor zwei Generationen Jerseys erste Sprache war: «Am Ende dürfte der Brexit relativ sanft ausgehen», beruhigt der Ökonom aus Aberdeen.
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