Darum gehts
Über 9 Millionen Liter trinkfertigen Kaffee werden Schweizerinnen und Schweizer laut dem Beratungsunternehmen StrategyHelix 2025 konsumieren. Also rund einen Liter pro Einwohner!
Obwohl dieses «ready to drink» (RTD) genannte Segment nur einem Bruchteil des gesamten Kaffeekonsums in der Schweiz entspricht, wächst es weiterhin und ist hart umkämpft. Marktbeherrschend ist Caffè Latte von Emmi, doch auch Starbucks, Nescafé, Cremo (Lattesso), Coca-Cola (Costa Coffee), Coop, Migros und Aldi mit jeweiligen Eigenmarken sowie weitere Player mischen in diesem Markt mit.
Nun schickt sich das vergleichsweise kleine Zürcher Kaffeeunternehmen Vicafé an, genau diesen Markt zu entern: «Wir lancieren ab dem 5. Mai einen Ready-to-Drink-Kaffee, der in 190 Coop-Filialen erhältlich sein wird», bestätigt Firmenchef Ramon Schalch (39) gegenüber Blick.
Konkret gibt es Eiskaffee in Glasflaschen, in zwei Varianten: Doppio Espresso & Milch, ungesüsst und laktosefrei sowie Single Espresso & Milch, leicht gesüsst. Kostenpunkt: Jeweils 3.95 Franken. Und damit weit über den üblichen Preisen.
Produkt | Preis |
Single Espresso & Milch (Vicafé) | 3.95 |
Coffee Town Protein Caffé Latte (Chiefs Switzerland) | 2.95 |
Frappuccino Mocha im Glas (Starbucks) | 2.75 |
Nescafé Latte (Nespresso) | 2.70 |
Lattesso Espresso (Cremo) | 2.50 |
Ovo & Coffee (Wander) | 2.50 |
Costa Latte (Coca-Cola) | 2.35 |
Caffé Latte Espresso (Emmi) | 2.15 |
Grande Caffé Macchiato (Migros) | 1.65 |
Caffé Espresso (Coop) | 1.25 |
Barissimo Espresso (Aldi) | 0.95 |
Noch viel Potenzial für RTD-Kaffee
«Wir sind überzeugt, dass es in diesem Markt ganz oben in der Qualitätspyramide noch Platz hat», rechtfertigt sich Schalch. Heisst: Vicafé will sich durch Spezialitätenkaffee abheben. Für den trinkfertigen Kaffee setzt man auf dieselben Bohnen, wie sie auch in den bislang 17 eigenen Espresso-Bars verwendet werden. «Bei uns steht die Kaffeekompetenz im Mittelpunkt, während einige Mitbewerber für ihre RTD-Produkte auf eher günstigeren Kaffee zurückgreifen», meint der Unternehmer.
Schalch hofft nicht nur, Konsumenten von anderen Marken wegzulotsen, sondern eine ganz neue Kundengruppe anzusprechen, die bislang bei trinkfertigem Kaffee eher die Nase rümpfte. Dafür setzt er konsequent auf Premium beim Kaffee, aber auch auf weniger Zucker und eine Verpackung aus Glas. Die meisten Konkurrenten setzen für ihren trinkfertigen Kaffee auf PET-Flaschen oder Dosen.
In der Schweiz sei in Sachen Kaffee ohnehin noch viel Potenzial vorhanden. Solches sieht Schalch nicht nur bei hochwertigem RTD-Kaffee: «Entkoffeinierten Spezialitätenkaffee bieten wir bereits an und es ist nicht ausgeschlossen, dass wir irgendwann auch in Cold Brew investieren», hält er fest.
Zusammenarbeit zwischen Konkurrenten
Es ist nicht der erste Versuch von Vicafé mit RTD-Kaffee. 2021 scheiterte ein Versuch mit dem Produkt «Café au lait» krachend. Es habe am notwendigen Know-how gefehlt, meint Schalch.
Heuer soll es besser laufen, weil Vicafé keinen Alleingang mehr versucht. Bei der Entwicklung und Produktion kooperiert man mit den Konkurrenten von Emmi. Die Abfüllung von Vicafé erfolgt an einem Emmi-Produktionsstandort. «Das Produkt, die Rezeptur und die Vermarktung werden zu 100 Prozent von Vicafé verantwortet», versichert eine Emmi-Sprecherin gegenüber Blick.
Unabhängigkeit ist für Vicafé wichtig. Dass man aber mit dem Weltmarktführer in der RTD-Kategorie kooperieren darf, ist für den Vicafé-Boss «aussergewöhnlich». Emmi Caffè Latte ist die Nummer 1 RTD-Marke in der Schweiz, Spanien und Österreich; in Belgien Deutschland und Grossbritannien belegt sie Platz zwei.
«Eine grosse Wette»
Auch beim Vertrieb hat Vicafé dazugelernt. Der Verkauf über Coop und die eigenen Espresso-Bars sei erst der Anfang. Weitere Vertriebspartner sollen bald dazukommen.
Schalch gibt zu, dass die Expansion in den Bereich RTD-Kaffee «eine grosse Wette» ist. Doch diese will er eingehen. Sein Ziel: Die Schweizer Spezialitätenkaffee-Marke zu sein. Dafür expandiert Vicafé auch andernorts weiter. Im Herbst eröffnet die erste Espresso-Bar in der Romandie, in Lausanne.