«Es ist absolut unfassbar, was sich die Migros hier erlaubt», wettert Pirmin Umbricht (37) aus Untersiggenthal AG stellvertretend. Mit seinem Bruder Fredy (35) produziert er Kartoffeln, Gemüse und Wein, unter anderem für das Label Pro Specie Rara. Migros oder Coop beliefern die beiden nicht.
In der Schweiz gebe es ausgezeichnete Raclette-Kartoffeln: «Jahrelang promotete die Migros die Sorte Amandine, und nun ist sie ihr plötzlich nicht mehr gut genug», sagt Fredy Umbricht.
Der neue Liebling der Migros heisst Gwenne. Die französische Sorte ist erst seit 2014 erhältlich und hat eine hauchdünne Schale, bestätigen die Umbricht-Brüder. Ihr Nachteil: Sie ist nur beschränkt lagerfähig.
Ausgewählte Schweizer Bauern haben sie 2014 angebaut, der Ertrag reichte aber nur für zweieinhalb Monate. Anstatt bei den Raclette-Kartoffeln auf Amandine umzusteigen, wählte die Migros den Import. Sie beruft sich auf ihre Marktforschung: Die Gwenne-Sorte sei ein Kundenbedürfnis. «Helle und süssliche Kartoffeln sind bei der Kundschaft beliebt», so eine Sprecherin. Amandine werde weiterhin parallel angeboten, die Kunden hätten die Wahl.
Scheinheilig sei das, reklamieren die Umbricht-Brüder, die einen Hofladen betreiben. «Wir stellen fest, dass die Leute immer weniger über Kartoffelsorten wissen.» Daher verwundere es ihn nicht, «dass die stark beworbene Gwenne von den Kunden eher gekauft wird». Stossend auch: Laut Verpackung kommt die neue Gwenne-Kartoffel aus Holland. Gleichzeitig werde aber die Schweizer Bauerngenossenschaft Fenaco als Lieferant aufgeführt. Das kritisiert Ruedi Fischer (46), Präsident der Schweizer Kartoffelproduzenten. «Für den Konsumenten ist das irreführend.»
Die Migros beziffert die Importe auf lediglich 2000 Tonnen von insgesamt 40 000 verkaufter Kartoffeln. Ab 2016 soll die Gwenne-Sorte nur noch aus der Schweiz kommen, kündigt die Migros an.