Die Schweizer Wirtschaft wurde auch dieses Jahr auf Herz und Nieren geprüft. Das Resultat ist ein Expertenbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die gute Nachricht zuerst: «Die Wirtschaft unterstützt den Wohlstand erheblich», heisst es in einer Kapitelüberschrift. So kann die Schweiz das dritthöchste Bruttoinlandprodukt pro Kopf aller OECD-Mitglieder vorweisen.
Doch dann gehen die Experten zu den Risiken und zur Kritik über. Es tönt nach einem Luxusproblem: Die Schweiz spare zu viel und gebe zu wenig aus. «Die Haushaltsüberschüsse betrugen in den Jahren 2017 und 2018 mehr als ein Prozent des Bruttoinlandprodukts», so die Erklärung. Die Folgerung: Innerhalb der Schuldenbremse würde es Spielraum geben, die Ausgaben zu erhöhen. Das würde der Geldpolitik dienen und sich wirtschaftlich und sozial positiv auswirken.
Neuer Standard
Anlass zum Handeln sieht die OECD auch beim Immobilienmarkt. Ein erster Schritt ist mit den höheren Hürden ab 2020 bei der Vergabe von Hypotheken für Rendite-Objekte zwar getan. Die Experten schlagen aber vor, zusätzlich einen Standard für die Kreditvergabe zu schaffen. Dieser soll auf dem «Comply or explain»-Prinzip basieren. Das heisst, wer die gesetzten Regeln nicht befolgt, muss erklären, warum er das nicht tut.
Viel Verbesserungspotenzial finden die Verfasser des Berichts bei der Altersvorsorge und generell beim Umgang mit der alternden Bevölkerung. «Zu hoch» sei etwa der Umwandlungssatz, also der Prozentsatz, der aus dem angesparten Vermögen die Rente berechnet.
Wer länger lebt, soll länger arbeiten
Klar die Anweisung beim Rentenalter: «Setzen Sie das Rentenalter wie geplant für beide Geschlechter auf 65 fest, erhöhen Sie es schrittweise auf 67 und verknüpfen Sie es anschliessend mit der Lebenserwartung.» In der Realität hat hier das Stimmvolk ein Wörtchen mitzureden. So einfach dürfte sich der Schritt-für-Schritt-Plan also nicht umsetzen lassen. Insgesamt umfasst das Kapitel «Alter» zehn Handlungsaufforderungen.
Die OECD veröffentlichte zudem ihre neuen Prognosen. Beim Wachstum gibts eine weitere Anpassung nach unten. Das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) soll 2019 noch um 0,8 Prozent wachsen. Ursprünglich lag die Prognose bei 1,6 Prozent. Im Mai reduzierte die OECD das prognostizierte Wachstum aber bereits auf 1,0 Prozent. Beim Alten bleibt die Organisation, was die Arbeitslosigkeit angeht. (jfr)