Das Industrieunternehmen Müller Martini baut ab. Laut Gewerkschaften wird der Standort Stans NW aufgegeben. Gesamthaft sollen in diesem Jahr 115 Stellen gestrichen werden. In der Schweiz beschäftigt Müller Martini 800 Mitarbeitende, weltweit sind es 1800. In Stans sind 60 Mitarbeiter betroffen.
Laut Angestellte Schweiz handelt es sich dabei zum Teil um langjährige Mitarbeiter. Viele davon über 50 Jahre alt. Auch neun Lehrling verlieren ihren Ausbildungsplatz. Man sei aber zuversichtlich, dass sie ihre Lehre inner- oder ausserhalb des Unternehmens abschliessen können, heisst es in einer Mitteilung der Firma.
«Es war eine unschöne Veranstaltung»
Eine Mitarbeiterin in Stans bestätigt gegenüber BLICK: «Wir sind heute informiert worden. Es war eine unschöne Veranstaltung.» Geschäftsführer Herbert Wicki habe die Mitarbeiter persönlich informiert. Die Geschäftsleitung erklärt den Abbau mit dem geänderten Marktumfeld. Erträge im Printbereich seien eingebrochen.
Die Verantwortlichen des Familienunternehmens unternahmen nach eigenen Angaben in den letzten Monaten alles, um den Erhalt der Arbeitsplätze trotz des Wegbruchs der Aufträge zu sichern. Man sei jedoch zum Schluss gelangt, «dass wir den markanten Rückgang im Bereich der Neumaschinen nicht ohne schmerzhafte Einschnitte auffangen können», sagt CEO Bruno Müller. Laut der Geschäftsleitung von Müller Martini soll es zu möglichst wenigen Kündigungen kommen. Man will den Grossteil durch natürliche Fluktuation und Frühpensionierungen abbauen.
Schon Ende 2018 sind offenbar gravierende Probleme aufgetreten. Auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu zeigten sich Mitarbeiter besorgt: «Schwierige Auftragslage. Verunsicherung beim Personal.» Ein anderer Angestellter von Müller Martini schrieb im Februar: «Durch auf und ab in der Arbeitsauslastung Unsicherheit bei den Arbeitnehmern.»
Erträge im Printbereich eingebrochen
Der ganze Printbereich sei seit Jahrzehnten im Umbruch und verlange kleinere und flexiblere Anlagen. Ausserdem seien die Erträge im Printbereich in den letzten 20 Jahren kontinuierlich zusammengeschmolzen, schreibt Martini Müller. Bei den Buchbindeanlagen sei allerdings in Folge der Digitalisierung eine neue spezifische Nachfrage für Produktionskapazitäten von Miniauflagen auf Bestellung festzustellen.
Angestellte Schweiz erwartet von der Geschäftsführung von Müller Martini, dass diese über ihren Schatten springt und den erfahrenen Mitarbeitenden nach Möglichkeit im Unternehmen Stellen anbietet. Oder dass sie sich dafür einsetzt, für die Betroffenen Stellen in anderen Betrieben in der nahen Umgebung zu finden. Die Möglichkeit, die Firma allenfalls integral zu übertragen, müsse auf jeden Fall ernsthaft geprüft werden.
Für die Gewerkschaft Unia zeigt das Beispiel Müller Martini deutlich: «Will die Schweiz die Chancen des ökologischen Umbaus nutzen, braucht sie endlich eine zukunftsgerichtete Industriepolitik», schreibt die Gewerkschaft in einer Mitteilung.
«Eine Katastrophe für die Zentralschweiz»
«Für Stans und die ganze Zentralschweiz ist das eine Katastrophe. Die regionale Wirtschaft ist jetzt gefordert, die Unternehmen vor Ort müssen so viele Leute wie möglich aufnehmen», fordert Urs Gander, Regionalsekretär der Gewerkschaft Syna Ob- und Nidwalden. Gerade als Familienbetrieb müsse sich Müller Martini gut überlegen, ob wirklich auf einen gut aufgestellten Standort verzichtet werden soll.
Das 1946 gegründete Familienunternehmen Müller Martini hat seinen Hauptsitz in Zofingen und ist mit weltweit 1800 Mitarbeitenden in der Entwicklung und Produktion von industriellen Systemlösungen für die Druckweiterverarbeitung tätig.