An mehreren Standorten, verstreut über die halbe Schweiz, starten am nächsten Sonntag frühmorgens 20 Cars Richtung Genua. Sie bringen knapp 500 Angestellte der Informatikfirma Noser Group in Hombrechtikon ZH samt ihren Partnern, Partnerinnen und Kindern in die italienische Hafenstadt. Insgesamt fast tausend Noser-Leute werden sich abends um 17 Uhr für eine einwöchige Mittelmeerkreuzfahrt auf der MSC Fantasia einschiffen.
Vor drei Jahren, mitten in der Hochkonjunktur, beschloss Patron Ruedi Noser (48) dieses aussergewöhnliche Jubiläumsgeschenk. «Bereut habe ich den Entscheid nie», sagt der FDP-Nationalrat, «aber ob ich ihn heute nochmals fällen würde, kann ich nicht garantieren.» Denn Nosers Firma entwickelte zwar ein erfolgreiches Handy-Betriebssystem für den Internet-Giganten Google, die Krise aber zehrt an den Erträgen. Noser: «Leute entlassen und auf Kreuzfahrt gehen – das ginge nicht zusammen. Doch bisher hatten wir Glück und mussten keine Stellen streichen.»
Etwa 1,5 Millionen Franken kostet ihn der Trip auf einem der grössten Kreuzfahrtschiffe des Mittelmeers. Noch mal so viel kommt hinzu: der Wert einer Extra-Ferienwoche für die Belegschaft.
Noser hätte die Millionen auch in den eigenen Sack stecken oder als Boni an seine Topkader ausschütten können. Für den gebürtigen Glarner war das aber kein Thema. Er wollte, dass alle etwas vom Erfolg haben: «Auch die Lebenspartner und Kinder, die verzichten müssen, wenn der Vater oder die Mutter auch mal samstags arbeitet.» Von fetten Boni hält Noser ohnehin nichts. «Das zieht nur die falschen Leute an.»
In Marseille (F), der zweitletzten Station der Kreuzfahrt, kann er seine neu erworbenen Sprachkenntnisse testen: Im Jubiläumsjahr hat er den CEO-Job temporär abgegeben und ist mit Ehefrau Kathrin (37) und den vier Kindern nach Genf gezogen, um Französisch zu büffeln.
«Sprachen sind für mich ein Schlachtfeld, auf dem ich in der Schule immer verloren habe», gesteht Noser. Als Erwachsener münzt er die Niederlagen in Siege um. «Mein Französisch wird Ende Jahr gut genug sein, damit ich mit meinen welschen Politikerkollegen diskutieren kann.»
Damit würde auch eine Wahl in den Bundesrat nicht mehr an Sprachgrenzen scheitern. Obwohl er ein Vollblut-Unternehmer ist, schliesst Noser eine Kandidatur nicht aus: «Wenn sich die Frage einmal stellen sollte, würde ich mir eine Antwort sehr gut überlegen.»