Darum gehts
- Ein chinesischer ETH-Student muss auf Flatfox rassistische Beleidigungen aufgrund seiner Herkunft erfahren.
- Die Immobilienplattform sperrte das Konto des Vermieters sofort nach Meldung des Vorfalls.
- Die Swiss Marketplace Group, zu der Flatfox gehört, berichtet von bis zu zwei solchen Vorfällen pro Monat.
Damit hätte Gaststudent Jun L.* nicht gerechnet. Bei der Bewerbung für eine Wohnung in Zürich wird der Chinese vom Inhaber übelst beschimpft. «Geh zurück nach China. Wir brauchen hier keinen chinesischen Dreck», schreibt ihm der 53-jährige Schweizer Vermieter in einer Chatnachricht. Wie es genau dazu kam, berichtet L. Blick.
Seit letztem Sommer studiert der Chinese an der ETH Zürich. Da sein Mietvertrag Anfang August ausläuft, stöbert der 20-Jährige auf der Wohnungsvermittlungsplattform Flatfox nach einer neuen Bleibe. Und bewirbt sich prompt um die 3-Zimmer-Wohnung von Manuel B.* (53) in der Nähe des Zürcher Irchelparks. «Für rund 1350 Franken pro Monat war die Wohnung ein echtes Schnäppchen», erinnert sich der Student.
Per Direktnachricht schreibt L. dem Vermieter: «Mein Name ist Jun, ich bin 20 Jahre alt und studiere Vollzeit an der ETH Zürich.» Ausserdem sei er leise, ordentlich und zuverlässig. Über eine Rückmeldung würde er sich freuen. Zehn Tage später habe er diese erhalten. Statt einer Zu- oder Absage beschimpfte ihn B. und forderte ihn auf, zurück in sein Land zu gehen.
«Dachte, ich bin im falschen Film»
«Das war das erste Mal, dass ich so offen Rassismus erlebt habe. Ich war schockiert. Und dann auch noch in der Schweiz», sagt L. gegenüber Blick. «Ich hatte die Schweizer immer als sehr gastfreundlich empfunden.» Auch bei seinen früheren Vermietern – einem älteren Ehepaar – habe er sich stets willkommen gefühlt.
L.s anfänglicher Schock weicht schnell dem Ärger: «Wenn ich beispielsweise Raucher wäre und er mich deswegen abgelehnt hätte, hätte ich das verstanden. Aber aufgrund meiner Herkunft? Ich dachte, ich bin im falschen Film!»
Flatfox sperrte Konto umgehend
L. weist darauf hin, dass B. nicht einmal sicher wissen konnte, dass er Chinese ist: «Ich hatte kein Profilbild in der App. Er hat nur meinen Namen gelesen und dann seine Schlüsse gezogen.»
Den Vorfall meldet er sofort bei Flatfox. Gegenüber Blick bestätigt ein Sprecher die Interaktion und teilt mit, dass der entsprechende Inserent umgehend kontaktiert und sein Konto gesperrt worden sei. «Konsequentes Handeln ist uns sehr wichtig. User sollen sich auf Flatfox sowohl sicher als auch wohlfühlen», heisst es beim Immobilienvermittler.
Die SMG Swiss Marketplace Group, die Flatfox seit 2023 mehrheitlich übernommen hat, bezeichnet den Vorfall wie jenen von L. auf Anfrage als Einzelfall. Genaue Zahlen zur Sperrung von Nutzerkonten gibt das Unternehmen nicht bekannt. Der SMG-Sprecher erklärt, dass es zeitweise ein bis zwei solcher Vorkommnisse pro Monat gebe, in anderen Monaten jedoch keine.
B. verdächtigte Student der Spionage
Blick konfrontierte auch den entsprechenden Vermieter. Dass Flatfox wegen seiner Nachricht an L. sofort sein Konto sperrte, hält er für unverhältnismässig. Schliesslich habe er anderen Interessenten stets höflich geantwortet.
Seine Begründung für die Beleidigungen: «Ich dachte, er sei ein chinesischer Spion.» Die Nachricht von L. kam ihm verdächtig vor – «zu sauber» und «irgendwie aufgesetzt», wie er sagt. Denn B. glaubt auch zu wissen, dass die ETH an der Einschleusung chinesischer Spione in die Schweiz nicht unbeteiligt sei. Auf die diskriminierenden Äusserungen angesprochen, gibt B. zu, dass er manchmal «etwas extrem unterwegs» sei. Weiter wollte er sich nicht äussern.
Der chinesische Gaststudent L. hat den Schock verdaut und schliesslich Erfolg: Er fand eine passende Mietwohnung auf Anfang August.
* Name geändert