Im öffentlichen Verkehr hat die Corona-Pandemie tiefe Spuren hinterlassen. In den vergangenen drei Monaten büssten die Transportunternehmen und Tarifverbünde fast zwei Drittel ihrer Umsätze ein. Vor allem der Verkauf von Einzelbilletten brach zeitweise fast komplett ein, wie es in einer Mitteilung heisst.
«Der Verkauf von Einzeltickets liegt heute erst bei 60 Prozent des Vorjahres», sagt Bernard Guillelmon, Präsident der Alliance SwissPass. «Die Nachfrage im ÖV wird sich dieses Jahr nicht mehr erholen. Wenn überhaupt erst Ende 2021.»
Im öffentlichen Verkehr in der Schweiz wird für das Jahr 2020 derzeit mit einem Rückgang der Gesamteinnahmen von 25 bis 30 Prozent gegenüber 2019 gerechnet.
Neue GA-Monatskarte ohne Halbtax
Und doch: Trotz dieser Aussichten hat sich die Branche dazu entschlossen, die Preise im kommenden Jahr nicht zu erhöhen. Somit ist das Preisniveau seit vier Jahren im Durchschnitt stabil geblieben, dank Spartickets konnte es teilweise sogar gesenkt werden.
Nun geht es vor allem darum, die Kunden nach der Corona-Krise wieder zurückzugewinnen. Deshalb wird das Sortiment erweitert. Neu gibt es eine GA-Monatskarte, für die man kein Halbtax-Abo benötigt. Kosten wird sie 420 Franken. Bis 25-Jährige bezahlen 290 Franken.
Alle 25-Jährigen erhalten einen Rabatt von 500 Franken auf das GA. «Damit soll der Übergang vom vergünstigten GA Junior auf das reguläre GA weicher gestaltet werden», sagt Helmut Eichhorn, Geschäftsführer der Alliance SwissPass.
Alleinreisende Kinder fahren in Zukunft bis zum 6. Geburtstag gratis. Bisher durften sie den ÖV nur in Begleitung gratis benutzen. Die Kindertageskarte bis zum 16. Geburtstag gibt es für maximal 19 Franken pro Tag. Auch hier braucht keine Begleitperson mehr mitzureisen. «Wollen das Sortiment bei jungen Kunden vereinfachen», sagt Eichhorn.
Entschädigung bei Verspätungen
Damit nicht genug: Mit dem Spar-Klassenwechsel kann man neu günstiger in die 1. Klasse wechseln. Neu können schon Gruppen ab drei Personen online Spartickets kaufen. Bisher war das erst ab zehn Personen möglich.
Schliesslich erhalten Reisende ab 2021 bei einer Verspätung von über einer Stunde 25 Prozent des Ticketpreises zurück. Bei über zwei Stunden Verspätung sind es 50 Prozent. Eine kleine Einschränkung gibt es: Das Ticket muss mindestens 20 Franken kosten.
Neuer Hunde-Pass
Änderungen gibt es auch beim Transport von Hunden. Das bisherige Hunde-GA zum Preis von 805 Franken wird durch den Hunde-Pass ersetzt – und kostet nur noch 350 Franken. Dafür ist der Hund neu auf den Besitzer eingetragen. Der Preis einer Hundetageskarte wird 10 Franken gesenkt.
Sara Stalder, Geschäftsleiterin Konsumentenschutz, ist nicht wirklich zufrieden mit den Neuerungen. «Die Sortimentsneuerungen, welche die Alliance SwissPass heute kommunizieren, lassen nicht wirklich eine Strategie oder Innovationen erkennen – auf die heutigen Herausforderungen muss mit neuen Angeboten geantwortet werden», sagt sie.
«Das ist nicht verständlich»
Der Konsumentenschutz habe verlangt, dass die tieferen Trassenpreise in Form von günstigeren Preise an die Konsumenten weitergegeben werden. «Es ist nicht verständlich, wieso diese ausschliesslich an die Besteller gehen sollen», so Stalder weiter.
Und: «Die SBB und die Alliance SwissPass müssen dafür sorgen, dass die Abonnements-Inhaberinnen und –inhaber bei Verspätungen auch fair entschädigt werden.»
Bei Pro Bahn, der Interessenvertretung der Bahnkunden, man sehr zufrieden mit den neuen Angeboten. «Man hat erkannt, dass man eine tiefe Hürde schaffen muss, dass die Leute wieder den ÖV nutzen», sagt Präsidentin Karin Blättler zu BLICK. «Ich bin überrascht, dass man ausgerechnet in der Corona-Krise mit solchen neuen Angeboten kommt. Aber das ist wichtig, dass sich der ÖV wieder erholt.»