Martin Liechti (53) wirkt im Zeugenstand ruhig und sicher. Bis ihn Staatsanwalt Mark Daly nach dem abrupten Ende seiner Karriere fragt. Das war am 21. April 2008, als er am Flughafen von Miami (USA) verhaftet wurde.
«Ich sass noch im Flugzeug, als ein Polizist mit einer Maschinenpistole am Rücken kam und mich abführte.» Liechti landete im Gefängnis, bekam Hausarrest und wurde monatelang verhört. Ein traumatisches Erlebnis, das ihm die Stimme auch heute noch verschlägt.
Liechti hat Tränen in den Augen. Er spricht über seine Familie, seine erste Frau, die an Krebs gestorben ist, seine zweite Frau, die mit den Kindern allein war. «Das war eine harte Zeit, ich konnte nicht mehr
arbeiten, meine Kollegen nicht mehr sehen. Und ich war getrennt von meiner Familie.» Liechti heult. Er kann nicht mehr.
Der Staatsanwalt lässt ihm Zeit, ermuntert ihn, etwas zu trinken. Aber dann geht es zur Sache. Liechti hat sich zur Kooperation mit der US-Justiz verpflichtet, um einer Strafverfolgung zu entgehen. Dafür erwartet die Anklage, dass er seinen Ex-Boss Raoul Weil (54) ans Messer liefert.
Dieser ist wegen Betrugs und Verschwörung gegen die US-Steuerbehörde angeklagt. Darauf stehen bis fünf Jahre Gefängnis. Die beiden Banker waren früher gute Freunde, vertrauten sich. Sie machten Karriere, zuerst beim Bankverein, dann bei der UBS.
Das Wiedersehen vor Gericht ist nicht einfach, für keinen der beiden ehemaligen UBS-Manager. Liechti trägt einen dunklen Anzug, ein weisses Hemd und eine rosa Krawatte. Er schildert, wie eng er ab 2002 mit Weil zusammengearbeitet hat. Sie hätten über alles geredet, auch über die Milliarden auf den Konten von US-Kunden, die keine Steuern bezahlten. Er habe Weil vor den Risiken gewarnt, als die USA immer mehr Druck gemacht hätten. Doch dieser habe dafür kein Gehör gehabt und die Warnungen in den Wind geschlagen.