Preise sinken seit vier Jahren konstant
Hotelzimmer immer billiger

Schweizer Hotelzimmer werden immer billiger. Die Kunden freuts, aber die Hoteliers ächzen. Bald fehlt das Geld für Investitionen.
Publiziert: 05.03.2017 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 22:25 Uhr
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Auch Kurt und Julia Baumgartner vom Belvédère in Scoul GR sind in den letzten Jahren bei der Preisgestaltung viel flexibler geworden.
Foto: Valeriano Di Domenico
Moritz Kaufmann

Schweizer schimpfen gerne über teure Hotels im Land. Fakt aber ist: Die Zimmer werden immer billiger. Das zeigt eine Auswertung von SonntagsBlick mit Zahlen des Online-Vergleichdienstes Trivago in rund 60 Schweizer Ortschaften von Adelboden BE bis Zürich.

Im Ferienmonat Februar ist die Übernachtung in den letzten vier Jahren stets billiger geworden. Kostete 2013 ein Zimmer im Durchschnitt Fr. 258.50, so sind es 2016 noch Fr. 228.30 pro Nacht. Der Preisrutsch hat mehrere Gründe. Erstens herrscht radikale Preistransparenz, denn dank Websites wie Trivago sind alle Hotels immer miteinander vergleichbar. «Da kämpfen Hoteliers auch mit Preisabschlägen um Kunden», sagt Andreas Züllig (58), Präsident des Verbands Hotelleriesuisse. Zweitens habe sich die Konkurrenz verschärft, weil es in den Städten immer mehr Hotels und Airbnb-Wohnungen gebe. Und drittens: der starke Franken. «Die Preise wurden gesenkt, damit wir im Vergleich mit unseren ausländischen Nachbarn wettbewerbsfähig bleiben.»

Gemütlichkeit ist passé

Was dem Portemonnaie der Feriengäste schmeichelt, hat für die Hoteliers scharfe Konsequenzen. «Früher setzte man einen Preis, das war dann die Strategie für die ganze Saison», sagt Andreas Stöckli (47), Direktor des Zürcher Hotels Schweizerhof. Aber diese Gemütlichkeit ist passé! «Seit zwei Jahren ist eine enorme Dynamik drin. Heute setzt man sich für eine Woche, manchmal sogar für einen Tag eine Strategie.» 

In der Branche spricht man vom «Yield Management» – jederzeit den Preis so anpassen, dass man den höchsten Ertrag erzielt. Ähnlich wie bei den Preisen für Flugtickets variieren die Preise für die Zimmer stark von Tag zu Tag.

Sogar traditionelle Ferienhotels wie das Belvédère in Scuol GR müssen mitmachen. «Wir sind in den letzten Jahren viel flexibler geworden, was die Preise angeht. Wir unterscheiden zum Beispiel zwischen Vorweihnachtszeit, Weihnachtszeit, Silvester, nach Weihnachten. Es gibt Wochenendzuschläge und Reduktionen unter der Woche», erklärt Eigentümer Kurt Baumgartner (51).

Preisnachlässe sind langfristig gefährlich

Das ist tückisch, wenn ein Gast merkt, dass der andere viel weniger bezahlt. Das weiss auch Baumgartner: «Die Schweizer Ferienhotellerie funktioniert nicht ohne den Stammgast. Den dürfen wir nicht verärgern.» Dass für die gleiche Aufenthaltszeit unterschiedliche Preise gelten, werde es bei ihm bis auf weiteres nicht geben.

Die Situation für die Hoteliers hat sich ein wenig entspannt. 2016 wurden in der Schweiz rund 35,5 Millionen Hotelübernachtungen gezählt. Das sind nur rund 0,3 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Hotelleriesuisse-Präsident Züllig sieht darin eine Trendwende: «Eine Umfrage bei unseren Hoteliers zeigt: Drei Viertel werden dieses Jahr die Preise halten.»

Das sei auch dringend nötig. «Preisnachlässe sind langfristig gefährlich. Es besteht das Risiko, dass den Hotels das Geld für Investitionen fehlt.» Dann seien sie erst recht nicht mehr wettbewerbsfähig.

Dennoch: Die Schnäppchenjäger unter den Touristen können weiterhin Jagd auf billige Hotelzimmer machen. Die Preise werden noch flexibler, prophezeit Schweizerhof-Chef Stöckli: «Die Preisgestaltung wird noch individueller. Jetzt muss auch die Individual-Hotellerie nachziehen. Wer dies nicht tut, wird es sehr schwer haben.»

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